150 Deshalb waren auch die internationale Hilfe durch die UNRRA oder die CAREPakete von so großer Bedeutung. Auch wenn ein Zeitgenosse von damals in seiner Erinnerung etwas aufgebracht resoniert: „So scheußlich die russischen Erbsen und die ursprünglich wahrscheinlich für Hunde und Katzen bestimmten amerikanischen Konserven waren, sie haben doch etwas unseren Hunger gestillt.“216 Was damals wirklich gefragt war, war Kreativität, Einfallsreichtum und Phantasie bei der Zubereitung der Speisen. Man konnte aus beinahe „Nichts“ irgendwelche Gerichte herzaubern, die zwar nicht besonders schmackhaft gewesen sein werden, die aber trotzdem ein paar Kalorien ergeben haben. So berichtet eine Zeitzeugin, wie sie aus den wenigen ihr zur Verfügung stehenden Zutaten versucht hat, Speisen zuzubereiten: „Brot war Mangelware in diesen Tagen [….]. Die Bäcker hatten wenig oder gar kein Mehl, um die hungernde Bevölkerung zu versorgen. Aus den wenigen Lebensmitteln, die wir noch zu Hause hatten und die meine Mutter wie einen Schatz hütete, kochte ich eine Einbrennsuppe ohne Fett, Haferflockenlaibchen und solche aus Erbsen, die wir allerdings am Abend zuvor einweichen mußten, um am folgenden Tag die Käferchen aus den einzelnen Erbsen entfernen zu können, die sich darin eingenistet hatten.“217 Für viele war damals der Ekel vor diesen Hülsenfrüchten so groß, dass sie sogar eine Parodie auf den Text der neuen Bundeshymne sangen: Statt „ Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome……“ wurde lautstark intoniert: „Land der Erbsen, Land der Bohnen, Land der vier Besatzungszonen. Wir verkaufen dich im Schleich, vielgeliebtes Österreich! Und droben übern Hermannskogel, flattert froh der Bundesvogel!“218 216 Das hungernde und frierende Österreich von 1946. In: Die Presse. 10.06.2016 [online] URL: http://diepresse.com/home/zeitgeschichte/5096110/Das-hungernde-und-frierende-Österreich-von-1946. (letzter Zugriff: 30.04.2019) S. 6. 217 Eder, Franz X. - Aigner, Peter - Resch, Andreas, u.a.: Hg.: Wien im 20.Jahrhundert. Wirtschaft, Bevölkerung, Konsum, Innsbruck/Wien/München 2003, S 213. 218 Das Interessante an dieser „Textbearbeitung“ ist, dass sie von den beiden Söhnen der Textdichterin der Österreichischen Bundeshymne stammt. Die Dichterin und Schriftstellerin Paula von Preradovic erhielt mit Regierungsbeschluss vom 25. Februar 1947 den Zuschlag für den bekannten Text der Österreichischen Bundeshymne: Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome…..Ihre beiden Söhne Otto und Fritz Molden entwarfen noch am selben Abend, als ihre Mutter von der Annahme ihres Textes als Bundeshymne erfuhr, eine Parodie. Otto Molden war Mitbegründer des „Forum Alpach“, dessen Präsident er jahrzehntelang war; Fritz Molden war „Presse“-Herausgeber und später Buchverleger.
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