Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

148 Schwarzmarkt und Tauschhandel Mit den „legal“ erhaltenen Nahrungsmitteln, also mit den auf den Lebensmittelkarten vorgesehen Rationen, konnte man eine Familie nur unzureichend ernähren. Deshalb war den Menschen nach 1945 eine zusätzliche „Überlebensarbeit“ abverlangt. Der „Phantasie“ der Nahrungsbeschaffung waren aber Grenzen gesetzt: Vor allem deshalb, weil es – gerade in den Städten – kaum Möglichkeiten gab, an zusätzliche Nahrungsmittel heranzukommen. Oftmals waren auch die Männer noch in Gefangenschaft und die Frauen mussten sich um die Familie kümmern und konnten nicht auf das Land fahren, um bei den Bauern zusätzliche Lebensmittel besorgen. In vielen Fällen mangelte es auch am nötigen Geld, um die fehlenden Grundnahrungsmittel zu bezahlen, wenn sie schon überhaupt greifbar gewesen wären; ärmere Familien hatten natürlich auch keine Wertgegenstände, mit denen man Brot, Butter oder Milch hätte eintauschen können. Unmittelbar nach Kriegsende konnten überhaupt nur wirklich begüterte Familien am Schwarzmarkt „fündig“ werden, später verringerte sich die Spanne zwischen dem regulären Markt und den Schwarzmarkt, dennoch musste rund ein Fünftel des monatlichen Haushaltsbudgets für die Aufbringung von zusätzlichen Nahrungs- und Genussmitteln bereitgestellt werden; für viele war das schlicht nicht leistbar. „Bis September 1945 musste ein Normalverbraucher mit 800 Kalorien am Tag auskommen. Lebensmittelrationalisierungen, Schwarzmarkt und Hamsterfahrten aufs Land bestimmten den Nachkriegsalltag. [….] Besonders Kinder hatten mit der Hungersnot zu kämpfen. Aber nicht nur die Bevölkerung in Wien, sondern auch die Bevölkerung in den westösterreichischen Städten hatten an Hunger zu leiden. So umfassten zum Beispiel die ersten Wochenzuteilungen in Linz, Steyr und Wels nur 535 Kalorien pro Tag. Die meisten Molkereien lagen still, Fleisch gab es kaum. Selbst Salz war im Mai 1945 eine Rarität. Süßwaren und Zigaretten waren nur im Schwarzhandel erhältlich.“213 Doch es galt nicht nur die eigene Bevölkerung zu ernähren. „Im Mai 1945 befanden sich in Österreich neben etwa sechs Millionen Einheimischen, etwa 1,65 Millionen Flüchtlinge, „Displaced Persons“ (KZ-Überlebende, ehemalige 213 Rathkolb, Oliver: Starker Glaube an neues Österreich. In: Online-ORF. 07.05.2015 [online] URL: http://orf.at/v2/stories/2275815/ (letzte Abfrage: 02.05.2019), S. 1f.

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