Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

131 meinte der Mann, gehörte die Baracke den Steyr-Werken. Damals war der Zins bedeutend niedriger. In allen Räumen waren Waschmuscheln; Klosetts waren im Haus untergebracht, und um die Baracke lag ein Steinpflaster. Als die Baracke an die Baufirma überging, ließ diese das Steinpflaster rundum wegreißen, so daß bei Regenwetter der Boden ringsum im Schmutz schwimmt. Die Waschmuscheln und die Klomuscheln wurden abmontiert, sie waren zu gut für diese schäbige Baracke – vielleicht auch für deren Bewohner. Es wurde nichts mehr instandgesetzt, es war schade drum. [….] Ein Klosett hat man uns draußen auf dem Feld gebaut. Waschküche gibt es überhaupt keine. Und trotzdem bemühen wir uns, in dieser Bretterbude Menschen zu bleiben!‘ [….] Es gäbe noch viel zu erzählen. Oben auf den Spinden stehen die Lebensmittelvorräte; unter den Betten sind in Schachteln die wenigen Habseligkeiten untergebracht. [….] Glücklich sind sie nicht, die Bewohner dieser Elendsquartiere. Sie kommen sich vor, wie Ausgestoßene. [….] Dennoch zahlen sie den vom Besitzer geforderten Zins; sie müssen ja, weil sie ein Dach über den Kopf haben müssen und weil sie sonst nirgends eines bekommen. Man hat sie in der Hand. Und trotzdem bemühen sie sich, Menschen zu sein. Bemühen sich auch die anderen darum, die Besitzer der Baracke? Oder haben sie es schon verlernt, im anderen ihren Nächsten zu sehen.“ Jüdische Flüchtlinge in Steyr Damals erreichten auch viele Juden Steyr. Sie kamen aus den Ostländern; ihr Ziel war es, nach Übersee oder später in den neugegründeten Staat Israel auszuwandern. In Steyr waren sie in zwei Lagereinheiten untergebracht: im „Lager 231“ in der Artilleriekaserne und im „Lager 201“ im Reithoffer-Lager. Beide Lager beherbergten damals rund 1.800 jüdische Flüchtlinge. Einige Familien waren auch im Stadtteil Münichholz in Wohnungen einquartiert. Dazu mussten im Bereich der Ahrer- und Puschmannstraße Wohnungen freigemacht und diesen Familien zur Verfügung gestellt werden. Die delogierten Bewohner wurden teilweise in Wohnungen von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern untergebracht. Nach kurzer Zeit emigrierten die meisten wieder nach Amerika oder Israel. Die jüdischen Flüchtlinge – insgesamt waren es 180.000 osteuropäische Juden, die Österreich in der Zeit zwischen 1946 – 1948 als Durchzugsland nützten – stießen immer wieder auf antisemitische Ressentiments bei der österreichischen Bevölkerung; in Steyr war ein ähnliches Verhalten ebenfalls zu bemerken. Die Sonderbehandlung der jüdischen DP’s durch die Amerikaner

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2