Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

130 Sudentendeutschen die Stadt, andererseits war ein vermehrter Zustrom fremdsprachiger Flüchtlinge – sogenannter „Displaced People“ (DP’s) zu verzeichnen. Diesmal kamen die Menschen aus Polen, Ungarn und Rumänien. Vom Sommer 1947 bis zum Herbst 1948 war der Zustrom, fremdsprachiger Flüchtlinge am intensivsten: 27.000 Menschen wurden damals durch Steyr geschleust. Menschen ohne Heimat Es ist ein sehr aufwühlender Beitrag, der am 14. April 1949 in der „Steyrer Zeitung“ erschienen ist und der in eindringlicher Weise die Lebensumstände der Flüchtlinge beschreibt, vor allem ihre ungenügende Wohnsituation – in diesem Fall im Bereich von Münichholz:176 „Du brauchst nicht weit zu gehen, um sie zu finden, nur vor die Stadt hinaus. Du brauchst nur die Augen aufzumachen. Im Münichholz an der Straße nach Haidershofen hängt eine Baracke; sie steht nicht, sie hängt, daß man fürchtet, es könnte ein starker Windstoß sie umwerfen. Sie schaut schon von außen so elend aus, daß ein Bauer sein Vieh nicht darin unterstellen würde. Es steht auch kein Vieh drin, es wohnen darin ‚nur‘ Menschen. Volksdeutsche zumeist, deren Verbrechen es war, daß ihre Großväter oder Urgroßväter einmal aus Deutschland ausgewandert waren in ein fremdes Land – oder besser gesagt, in einen entfernteren Teil der damaligen Monarchie – und es dort durch ihre Hände Arbeit und ihr Können zu etwas gebracht haben. Zu etwas, was auch anderen gefiel, weshalb sie dann von ihren Heimstätten vertrieben wurden. Nun suchen sie eine neue Heimat, weil sie Menschen sind mit der Sehnsucht im Herzen nach ein wenig Glück, und keine stumpfen Tiere. Und daß man die Ärmsten zu uns nach Österreich schickt, hat doch auch wieder etwas für sich: Die Ärmsten finden unter den Armen mehr Verständnis, als unter den Reichen – möchte man meinen. Aber ich wollte ja von der Baracke in Münichholz erzählen. Es gibt noch viele solcher Baracken; aber diese eine soll für sie alle gelten. […….] Eine Tür führt in die kahle Stube, in der die Farbe von den Holzwänden abblättert. Ein Spind, ein paar Schemel und ein wackeliger Tischherd mit einem verbeulten Ofenrohr, das ist das Mobiliar. Der alte Mann, der mich hergeführt hat, weist auf die schadhafte Lichtleitung, die durch das Zimmer hängt und auf die Zimmerdecke aus Pappdeckel. Durch die geöffnete Tür sieht man ins Nebenzimmer. […….] Vier ärmlich gekleidete Kinder umringen eine abgehärmte, magere Frau, ihre Mutter. Achtzehn Wohnungen birgt die Baracke; die meisten bestehen aus einem einzigen Raum. Der Zins beträgt einheitlich S 50.-; auch für einen winzigen Raum von 2,5 x 3,5 Meter, in dem die Betten übereinanderstehen und trotzdem kaum Platz ist zum Umdrehen. ‚Früher‘, 176 Steyrer Zeitung 1949: 14.04.1949, S. 2.

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