125 Das Schicksal der Bukowina-Deutschen Die geschlossenste Gruppe von Einwanderern waren die „BukowinaDeutschen“.165 Trotz herrschender Wohnungsnot in Steyr, wurden am 27. März 1941 300 „buchenlanddeutsche“ Familien in den Neubauten in Münichholz angesiedelt. „Von ihrer Herkunft her arm, durch die Umsiedlung oft ein Jahr lang durch verschiedene Lager geschleust, geprägt durch ihre bäuerliche kulturelle Eigenart, stieß diese Bevölkerungsgruppe zeitweilig auf Vorurteile der bodenständigen Bevölkerung.“166 Am unvorstellbarem Schicksal dieser 300 Familien kann man beispielhaft sehen, welche Auswirkungen die verworrenen Abkommen der politischen Führer nach sich gezogen haben: Während der russischen Besatzungszeit von Steyr-Ost wurden diese deutschsprachigen Alt-Österreicher von der Sowjetarmee als Kollaborateure mit dem NS-Regime angesehen und Anfang Juni 1945 nach Russland verschleppt. Der damalige Münichholzer Pfarrer, P. Josef Meindl, schildert diesen Vorgang in der Pfarrchronik: „Gestern (4. Juni) war noch ein orthodoxer Mann (Pioronowski) gekommen, händeringend hatte er mich gebeten, ich möge mich bei den Russen verwenden. Ich konnte es nicht, es war unabwendbar. [….] Ich begleitete sie auf den Bahnhof, um10 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung, ich ging von einem Waggon zum anderen. Mit vollen Händen warfen sie mir Geld hin um hl. Messen und zum Kirchenbau. Ich mußte am Schluß viel weinen. Ein paar Tage darauf kamen die letzten fort. Ich fuhr auch mit denen ein Stück mit“.167 Wohin man diese Menschen verschleppte, ließ sich nicht mehr feststellen; der Pfarrer vermutete „hinter den Ural, falls sie nicht schon früher zugrunde gegangen sind“. Durch diese Verschleppung wurden auch noch zusätzlich viele Familien auseinandergerissen. Manche hielten sich im West-Sektor von Steyr auf, Männer waren noch nicht aus dem Krieg zurück oder in Gefangenschaft: Als sie zurückkamen, waren ihre Familien fort – und sie bekamen keine Nachrichten mehr von den Verschleppten. 165 Im Sommer 1940 fielen im Zuge des Hitler-Stalin-Paktes die Nord-Bukowina und Bessarabien an die UdSSR und am 5. September 1940 wurde ein deutsch-russisches Abkommen über die Rücksiedlung der Volksdeutschen aus diesen Gebieten beschlossen. Die Bukowina-Deutschen oder Buchenland-Deutschen lebten ab etwa 1780 in der Bukowina. 166 Vgl. Bernt-Koppensteiner, Ines. Steyr im Jahr 1945. S. 20. 167 Vgl. Bernt-Koppensteiner, Ines. S. 20. Quelle: „Chronik der Pfarre Christ König“ in Münichholz, verfasst von Pater Josef Meindl.
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