Darstellungen - Reinhard Moser

GEDANl<EN ÜBER DAS WESEN DER MALEREI Malerei ist me hr als die Darstellung von bereits Vorhandenem. Die Gabe des Menschen, Farben, Formen, Harmonie in der Natur zu erke nn en, ist ei nes der wertvo ll sten Geschenke, die uns unser Schöpfer für un se r Dasein mitgegeben hat. Wir wissen trotz unseres großartigen Fortschrittes jedoc h ni cht, ob nur wir Menschen d iese Gabe besitzen, oder ob nicht alle Formen des Lebens a uf dieser Erde daran teilhaben . Malerei ist - neben vie len anderen Kunstformen - eine Mög li c hke it, diese Gabe sichtbar, begre ifbar, e rlebba r z u mac he n. Unser großer Lehrmeister ist und bleibt die Natur. Wir selbst sind Teil dieser Natur. J ede Selbstüberschätzung, jede Überheblichkeit gegenüber andere n Lebensformen, die Bezeichnung als „Ebenbild Gottes", ist vermessen. Wir wissen ni chts vom Weltbi ld der Tiere und PAanzen, di e mit uns diese Erde bevö lke rn. Malerei ist Ausdruck der e igen en Gedankenwelt, nur bedingt und unvollständig übertragbar auf den Betrachter. Bi lder entstehen zu e rst im Kopf. Die geistige Auseinandersetzung mit der Thematik ist me ist ein inte nsiver, zeitaufwendiger Prozeß. Die manuelle A rbe it des Maiens ist der logisc he Absc hluß dieses Prozesses. Bilder enthalten für den Betrachter eine Botschaft, e inen Inha lt, und es ist e ntsche ide nd für den Maler, diese Botschaft a uc h vermitte ln z u können. Es ist aber au c h für den Betrachter e ntscheidend , sich um das Verständnis dieser Botschaft zu bemühen und zu versuchen, die Gedankengänge des Malers nachzuempfind e n . Malerei ohne diese gegenseitige Begegnung bleibt hohl und oberfläch li ch. Der Begriff „Kunst" ist nicht befri ed igend defini erbar. Malerei a ls Nur-Abbi ldung bereits existierender Dinge ist ni cht Kunst. Kunst ist vergleichbar mit dem Schöpfungsakt. Kunst schafft Neues, noch nie Dagewesenes. Kunst haucht leb lose n Dingen e in e Seele e in, e rzeugt den be rühmten „übe rsp ringenden Funken". So gesehen ist Malerei, wenn s ie imstande ist, di ese Wechse lbez iehung herzuste ll e n, sicher li ch Kun st. Kunst ist nicht katalogisi erbar und in Normen erfaßbar, Kunst ist individue ll. Für manc he mag ein Bild faszinierend se in, a ndere gehen achtlos daran vorbei. Kunst ist ni cht abhängig von „Können" oder e iner Ausbildung im akademischen Sinn, sondern hat ihren Ursprung im Inte llekt. Zeitgenössische Kunst erhebt ni c ht den Anspruch auf perfekte Maitechnik, sond e rn beschränkt s ic h auf redu z ierte, oft abstrahi erte Darstellung mit hoher kün st le ri sche r Aussagekraft. Wir Menschen beanspruchen für uns das Privileg, Kunst zu schaffen. Ist es nicht auch Kunst, wenn PAanzen, wenn T ie re eine Vielfalt von Variationen ihrer Lebensform hervorbringe n? Ist Natur a ls Gesamtes ni c ht Kunst? Was wissen wir Menschen wirklich vom We ltbi ld unserer .M.it-Lebewese n? Und so schließt s ic h der Kreis mit der Erkenntnis, daß Natur und Kunst e ins sind! 30 I

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