Michael Blümelhuber - Der Stahlschnittmeister im Steyr

unerhörte Leistung dieses neuen „Hochajour"-Schnittes zu würdigen, muß man sich wieder vergegenwärtigen, daß alle Teile mit der massiven Masse ein Materialganzes verblieben sind und die über die Balkenfläche weit vortretenden a jour geschnittenen und nur noch mit wenigen Punkten am Ganzen haftenden Partien dem einen vierkantigen Stahlblock ab– gewonnen wurden, der zu Beginn des Werkes vorlag. Doch die technische Bezwingung des wehrhaften Stoffes ist hier weit übertroffen durch den Erfolg eines Gestaltungs– vermögens, dem es gelungen ist, seelische Ergriffenheit von einer erhabenen Idee würdig zu künstlerischem Ausdruck zu bringen. Die reichsten dekorativen Arbeiten versinken vor dem feierlichen Gewicht dieser Monumentalität, wo nichts bloße Zier, alles geltungsvolle Bedeutung ist. Die schlicht massiven Kreuzbalken sind glatt bis auf die in Relief hin– geschlängelten stilisierten Strahlengarben, die von dem Sym– bol in der Mitte über sie ausströmen, und dieses selbst, dessen Modellierung schwellende Kraft mit schärfster Bestimmtheit verbindet, gibt dem Werke die beherrschende plastisch sinn– bildliche Betonung. Dreierlei Kontraste spielen hier drei– einig ineinander, das als praller Muskel mit starkem Geäder der Natur nachgebildete flammende Herz, die grausame Gotik des Dornenkranzes, aus dessen kantig gebrochenem Geflecht die Stacheln gleich den Griffen oder Beißzangen eines Untiers in das nachgebende Fleisch gekrallt sind, rings um beides die Sternaureole - das Ganze in das am Kreuz ausgesparte Hohlkugelsegment gleich einem Juwel in Ajourfassung ge– bettet. Die Begriffe selbst erscheinen hier typisch versinn– licht, alles Herz lodert leidend in dem einen Flammenherzen, alles Böse peinigt in dem einen Bösen, alle Verklärung strahlt in dem einen Glorienschein. Im Verein mit der Majestät der Maße und Verhältnisse entrückt der Adel des Stoffes sowie der Arbeit die Darstellung aus der gemeinsinnlichen Sphäre, keines der andern Werke überzeugt auch so schlagend von der Wahrheit, daß selbst die sorgfältigste Bildwiedergabe in keiner Hinsicht an die Wirkung des Originals heranreicht. Mögen auch andere Stahlschnitte des Meisters den Gipfel der 27

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