Michael Blümelhuber - Der Stahlschnittmeister im Steyr

eine Weidwehr gesteckt ist. Die Bewegung der Hirsche ist von lebhaftestem Ausdruck, ihre geflügelten Leiber gehen in das Ornament über. An den sich nach unten verjüngenden Mittelteil schließt eine passend modifizierte Umkehrung des oberen Kuppelmotivs, hier ist zwischen die kräftigen Akan– thusstützen ein völlig frei geschnittenes Hirschtier, nur mit den winzigen Hufsohlen haftend, durch den Griff geschlüpft, der nun in die ornamentierte Klingenbasis übergeht. Die breit ansetzende Klinge, mit der Schneitle im prächtigen Schwung der Spitze zulaufend, wirkt in dem nun freien Hin– strömen der Stahlfläche als ein Triumph des schmucklos die eigene Materialschönheit offenbarenden vornehmen Metalls, zu der alle bisherige Kunst ein berückendes Vorspiel war. Das Ganze ist in so vollkommenen Verhältnissen, so sinn– und zweckmäßig geformt, jede der vielen Einzelheiten erfüllt so sicher ihre Rolle, eine solche Festigkeit bis in die zarteste Verästelung wohnt allem inne, !faß auch nach dieser mär– chenhaften Durchdringung mit Zierwerk und durchgeistigen– den Materialverminderung der Eindruck des einigen Schmiede– stücks sowie des bequem und zuverlässig sich in die Hand schmiegenden Gebrauchsgegenstandes unberührt erhalten geblieben ist. Als dieses so zart anmutende Kunstwerk in unermeß– licher Arbeit vollendet war, wußte sein Meister, daß er daran auch ein Werkzeug auf neuer Qualitätshöhe erreicht habe und es wagen dürfe, dies durch eine für die Zuschauer haar– sträubende Probe zu bekräftigen. Mit wuchtigen Schlägen eines Kupferhammers trieb er die Spitze des Fürstenberg– sehen Jagdmessers durch eine starke Stahlplatte und darauf die Schneide durch einen dicken Eisennagel. Die Klinge wurde nicht im geringsten beschädigt, ebensowenig wie der so deli– kate Griff. Im Ledergehäuse des Messers ist ein flacher durch einen Schuber verschließbarer Raum ausgespart, wo die durchlöcherte Stahlplatte samt dem zerschnittenen Nagel zur Erinnerung an jene denkwürdige Probe aufbewahrt bleiben. Wie die Probe erweist, konnte bei diesem Messer der not– wendige Härteunterschied zwischen Werkzeug und Arbeit- 23

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