Michael Blümelhuber - Der Stahlschnittmeister im Steyr

Bis zur Hochrenaissance war es nur beim Eisenschnitt geblieben, also beim Eindringen in Eisen mit Werkzeugen aus Stahl. Später beginnen zugleich mit dem Fortschritt der Werkzeugsqualität einzelne Meister, sich von dem eisernen Griff auf die Stahlklinge vorzuwagen, an der bis dahin bloß Ritzungen, Bohrungen und Ätzungen versucht worden waren. Der Übergang vom Eisenschnitt zum Stahlschnitt hat sich vollzogen. Während aber der schon hochentwickelte Eisen– schnitt immer selbständiger und kunstreicher ins Tiefe dringt, im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert reiche Ziermotive, ja auch - zu bildhauerischer Selbständigkeit übergehend - vollplastische Bildnisfiguren schafft, bleibt der Stahlschnitt in die Klinge mit seltenen Ausnahmen auf einen nur wenig eingegrabenen Flachdekor beschränkt. Die Kunst des Eisenschnitts erreicht im sechzehnten Jahrhundert ihren Höhestand und hält diesen auch im nach– folgenden ein. Zahlreiche Meister arbeiten in Deutschland, Italien, Spanien. In der Feste Koburg befindet sich ein bereits aus dem fünfzehnten Jahrhundert stammender Pracht– degen mit in Eisen geschnittenen kämpfenden Kriegern am Griff und der Bezeichnung des Solinger Schmiedes Johannes Hartkop auf der Klinge. Von den Deutschen des sechzehnten Jahrhunderts ist der Augsburger Thomas Rücker vor allen bedeutend, seine berühmteste Arbeit der eiserne Stuhl, dessen geschnittene Hochrelief-Medaillons historische Darstellungen mit vielen tausend Figuren enthalten, ein Geschenk der Stadt Augsburg an Rudolph II. (1574), im Dreißigjährigen Kriege von den Schweden aus Prag entführt, jetzt in England. Rücker schnitt überdies Statuetten, Degen- und Dolchgriffe, besonders für den sächsischen Hof. Äußerst feine Eisen– schnitte verfertigte Kunz Lochner in Nürnberg, viele für den Erzherzog Maximilian. Seine Rüstungen wurden Silberarbei– ten gleichgeschätzt. Die Brüder Hopfer in Augsburg ver– zierten die in Mailand gefertigten Rüstungen in üppigem Renaissancestil. Der Italiener Leon Leoni schnitt große Figuren in Eisen, so auch ein Standbild Karls V. Im sieb– zehnten Jahrhundert ist als Meister ersten Ranges der Schle- 18

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