Michael Blümelhuber - Der Stahlschnittmeister im Steyr
von Wehr und Waffen ihrer Helden auf, doch nicht weiter als bis zu einem wenig in den Stoff eindringenden, gehämmerte Platten durch Treibarbeit von der Rückseite her beleben– dem Oberflächendekor. Mit der fortschreitenden Betätigung des Schönheitssinnes mußte auch der Antrieb zur techno– logischen Wertsteigerung des Materials für Arbeitstück und Werkzeug wachsen. Der Sturz der antiken Kulturwelt wäh– rend der Völkerwanderung begrub die technologischen wie die künstlerischen Errungenschaften auch auf diesem Gebiete für lange Zeit, so daß die neuen Staatengründer Mühe hatten, auch nur die Arbeitskräfte für die damaligen primitiven Münzstempel zu finden. Es brauchte tausend Jahre, bis im dreizehnten Jahrhundert unserer Zeitrechnung wieder ein großer technologischer Fortschritt gelang, mit dem zugleich der Beginn einer neuen und reicheren Meisterschaft einsetzen kann, nämlich die Bearbeitung von Eisen und Stahl nicht nur im glühenden, sondern auch im kalten Zustande. Auf die Lehrjahrhunderte der romanischen und der schon weiterent– wickelten gotischen Stilepoche erreicht die Frührenaissance bereits den Hochstand der Antike und ist daran, ihn zu über– flügeln. Deutsche, italienische, spanische Schilderer, Plattner und Waffenschmiede dringen weit über die Klassik in der Oberflächenverzierung, besonders an den großflächigen eiser– nen Harnischplatten und Schilden, die sie mit Flachgravie– rungen und Treibarbeiten, auch mit den vom Orient über– nommenen Ätzungen und bunten Tauschierungen schmücken. Für die Knäufe, Griffe, Parierstangen, Schäfte der Angriffs– waffen, für Türklopfer und Prunkschlüssel tritt eine freiere, tiefer und präziser eindringende Technik hinzu. Der Auf– schwung der Stahlgewinnung und Stahlbearbeitung hat das Feld für den Schönheitsinn vorbereitet, Handwerk und Kunst gehen eine innige Verbindung ein, Meister wie Dürer und seine Zeitgenossen, Burgkmair, Aldegrever, Holbein und andere deutsche, ebenso italienische Hauptkünstler liefern Entwürfe, Kaiser und Fürsten nehmen die Kunst des Eisenschnitts in ihren Schutz (Maximilian 1., Karl V., Fer– dinand 1., die Medici, die Herzoge von Urbino und Este). 17
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