Meister Atelier für Stahlschnitt in Steyr Gründungsbericht 1910

Die wunderschönen Mythen, die die Güteeigenscharten der Waffen und Rüstungen der klassischen Antike rühmen, sind, wenigstens was ihre Begeisterung anlangt, j eden falls dadurch sehr erklärlich, daß auf die Werkzeuge 1111d Wa ffen der H irtenvölker aus Knochen, Stein und Bronze, solche aus Eisen und Stahl folgten, die naturgemäß die Bewunderung selbst derer, die daran arbeiteten und noch längerhin derer, d ie sie in Gebrauch bcka111en, erregen 111ußlen. Im Britischen Museum in London wird ein Relief aufbewahrt, auf we lcl1e111 zwei ägyptische Sch111iede dargestellt sind, die mit überaus gehei111tuenden Gesten die Welt mit einer Handvoll Eisen be– schenken. Das alles mochte auch beim gewiß berechtigten Ruhme des Damaszener-Stahles noch mit in Betrncht gekommen sein , der für Waffen j a oft vielleicht ausgezeichnet, seines 1111gleiche11 Kohlenstoffgehaltes wegen aber z. B. flir Eisensclrn ittwerkzeuge noch manches zu wiinschen iibrig ließ. Weiterhin ka111 da1111 das norische Eisen unserer alpenliindischcn Hei111at in d ie klassiscl1e Kultur und es wurd~n da111il, wie auch Hallstätter Funde zeigen, im Altertume bereits hohe Stahl– qualitäten erreicht. Also hat es in den Ze11tren der klassischen Knltur auch wirklich gu te Stahl– werkzeuge gegeben, deren beste woh l so manche Meister wi e ei11 e11 Schatz gehütet haben mochten. Sonst wäre das herrliche Aufblühen der Kunst jener Zeil nicht erklärlich, in der viel leicht nur der Eisenschnitt noch nicht so unübertreffl ich hoch entwickelt war wie andere l(unstgebiete. Die geistigen Kon fli kte, die Unterdriickungen und Kii111pfe, nnd schließlich das S!iirzen einer Welt, an de r zul etzt 1111r mehr die Kun st ihr besse r er T ei l war, der leider mi tstiirzte, all das hatte bis uach der Völkerwanderung so gründlich auch mit der ersten Blüte des Eisen– schnittes aufgeräumt, daß die neuen Machthaber kaum Meister finden konnten, die ihnen jene ungeheuer primitiven Münzstempel aus j ener Zeit zu schneiden vermoch ten, deren Abd rücke de111 Num ismati ker bekannt sind. Außer der künstlerischen war offenbar anch noch die technologische Beherrschung der Materiales arg zur!lckgegangen. Das an allen Ecken und Enden nur neues Rüstzeug heischende M i ttelalter wurde nun die schier tansendjilh ri ge Schule, die das alles unbe– wußt nachzuholen hatte. I nzwiscl1e11 waren j a auch die maurischen Meister vom Amboß vertrieben und anderseits wieder die byza11tinische Kultur von der des Islams verdrängt, wo111it an zwei Stellen die Entwicklung unterbrochen war, die i111111erhin auch fii r Eisen und Stahl eine verfeinerte handwerkliche Produktion hervorgebracht halle. 111 dieser Ri chtung wieder künstlerische Höhen zu erreichen, war unserer mächtig aufstrebenden westeu ropilischen Kultur vorbehalten. Ein volles Jahrtausend nach dem Erlöschen aller höheren T rad itionen aus den Werkstätten des Allcrt11111s gelang erst wi eder im XIII. Jahrhundert ein g roßer tech nolog ischer Fortschritt, nämlich Eisen und Stahl nicht allein im gWhenden Zustande am A111boß, sondern auch im ka lten Zustande und schon mit j ener beginnenden Meisterschaft bearbeiten zu können, die nun weiterhin besonders zur Ent– faltung gelangte. Das XIV. Jahrhundert [;1nd bereits den technologischen Besitzstand der deutschen, italienischen und spanischen Waffenschmiede wieder so hoch entwickelt, daß der edlen Völkern eingeborene Schönheitssinn die erforderl iche St11 fe vorfand, auf der er wie ein unsichtbarer froher Lehrmei ster einsetzen kann. Denn er inspiri ert nicht allein den angehenden Künstler, sondern wirkt auch miichtig auf die Millebenden eiu. Dürers Zeit in Deu tschland und die Renaissance in l tal ien schufen dann die zweite Bliile des Eisenschnittes. Diire r selbst, auch Hirschvogel, Bur gk mair, Ald eg r eve r, Mi el i c h und Beharn beeinflußten ihn 111it Entwürfen, ebenso die großen italienischen Meistei;; Be 11 v e 11 u t o Ce11i 11 i, dessen entschlossenes schneidiges Kiinstler– lebcn später Goethes ßewu11dern11g erregte, g riff selbst zum Werkzeug. Freie Kiinstlergruppen erstanden und erfreuten sich des Schutzes und Wohlwollens aller Edlen und Mächtigen. Kaiser Maximilian 1., Karl V. und Fe rdin and 1. waren die vornehmsten, von der Freiheitsein– schränkung manch späterer Hofku nst weit entfernten persönlichen Schiitzcr und Fördorer dieses seltenen Kunstzweiges. Zu den bedeutendsten Meistern des Eisenschnittes in dieser seiner zweiten Blütezeit, aus der es für die Kunstgeschichte noch manches nachzuholen gäbe, zilhlen wir besonders in den deutschen ArbeitsHHten Nürnberg, Augsburg, München, Koblenz und Solingen W i 1111 Wi ersberg, Klern en s H o rn, P e t er Munch und Johannes Hartko p. Die höchste ßliile aber erreichten im XVI. Jahrhundert der Augsburger Meister T h o 111 as R ii c k c r und der ltalic11er Le o n e L eon i. Dann im XVII. Jahrhundert noch der Nürnberger Meister Got trried Leygebe, 23

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