Meister Atelier für Stahlschnitt in Steyr Gründungsbericht 1910

Ich will versuchen, wen igstens die markantesten Direkti ven, die dem Verfasser jenes Refera tes zu ermitteln gel11nge11 ist, als eine Art Kronzeuge mit Tatsachen zu belegen, die einen ziemlich bekannt gewordenen Fall aus dem praktischen Leben, nämlich meine Wiederbelebung des Eisen- und Stahlschnittes belrerfen. Dr. Ve I t e r sagt z. 8. g leich in der Einleitung seines Referates : ,,daß er die wir t schaft li che Bede utun g der noch jungen, modernen· kunst– gewerblichen Bewegung vorl äufig noch nicht fii r sehr g roß ansehe, ihre geistige Bedeutung aber, ihren Kul turwert, d. h. ihren Wert al s Ri c h t un gs w e i se r un se r e r Ku l tur e ntwi ck lun g umso höher schätze und gerade daraus die Überzeugung ableite, daß ihre kiinfligen wirlschart'. liehen Wirlrnngen immer nachhaltiger und allgemeiner zutage treten werden. Deshalb werde vor allc111 die moderne kunstgewerblicl1e Qu a I i I ä I s be w eg u n g horfenllich auch fü r das Handwerk und fü r d ie Gewerbeförderung eine immer g rößere Bedeutung erlangen. " Diese Perspektive könnte, sowohl was die Kritik der Gegenwart, wie was d ie Aussichten in der Zukunft anlangt, ke ine prilziseren Belege finden, als die Tatsachen, die ich jetzt anführen werde. In meiner Heimat, d. h. in meiner Vaters tadt, behauptet der ursprünglich altliberal e Geist die Vorl1errschaft. Weil er seine früheren kulturellen !deale mit einem fast schon etwas verschiich– te rten bloßen Materi alismus vertauschte, ist sein Besitzstand auf vereinzelte Inseln zur iickgedrängt worden. Denn alle starken Völker und Bevölkerungsschichten wollen ihre Zuku nft haben; sie wollen, daß ihre Denker, auf die Erfahrungen der Gegenwart aufbauend, ihnen eine Richtung in der Zuku nft angeben köunen, d ie sie vor sich sehen möchten, um ihr nachzustreben. Al s un– parteiischem Künstler, der ich an lokalen Parteikrediten nie Anteil hatte, wurde mir 111111 kiirzlich von sehr woh lwollender Seite sogar halbamllicl1 vor Zeugen nahegelegt, rechtzeitig e·iner Auf– fassung zu begegnen, die vo11 mir ungefähr sagt: ,, Ich sei bei all meinen Lei stungen noch immer kein reicher Mann. Das gebe zu denken. Es werden also ju11ge Talente, denen ähnliche Wege geöffnet werden, auch nie wirtschaftlich g lil nzend gestellt sein. • Ich bin überzeugt, daß eine fein – sinnigere und geiiblere Aurfassung die wirtschaftliche Sei te dieses Einzelfalles von Qualitäts– p,oduktio11 a11ders werte11 wiirdc. Eine solche tiefere Au ffassung wird vor allem als Grundlage erheben, daß ich mir beim ßcgi1111 meiner Täti gkeit sozusagen den ersten Gulden erst v.erdienen mußte, bis ich mir ein altes !-laus 111il einer Schmiede erwerben konnte ; sowie daß ich aus solchen Anfängen heraus bis heule allein an Zinsen und örfentlichen Lasten über 25.000 Kronen leistete. Ganz abgesehen davon, daß ich dabei durch viele Jahre meine seligen Eltern versorgte und ganz abgesehen von mei11en zahlreichen Opfern zugunsten manch scl1öner und richtiger, der Zukunft nützender außerberuflicher Dinge. So oft ich an meine · wirtschaftlichen Anfänge denke, bin icl, j edesmal sehr befriedigt, wenn nr ir heule meine kunstsinnigen Au ftraggeber, mit der Ver– sichernng ihrer Freude am Gcscl1arfe11en, durchsch nittlich 1000 bis 5000 K fü r meine Arbeiten zahlen 1111d ei11e davon, die ich wegen besonderer Umstände nich t verkaufe, ein Angebot vo 11 10.000 Fr. erzielte. Schließlich ist zu erwäl111en, daß si ch bei mir die Kunstaufträge schon für drei bis vier Jahre in1 vorhinein stauen. Ich gönne auch j enen, we lche noch 11ach manchen Jahren vielleicht an meinen Arheite11 mehr verdienen werden als ich selbst, dies sicher vom Herzen, nur muß ich billen, daß eine heutige, bloß wirtschaftliche Beurteilung auch diese Zukunftswerte, wenn nicht in Rerl1nung, so doch in Erwägnng stelle. Fast gleichzei tig mit der Bekanntgabe jener Aurfassung in Dingen des wirtschaftlichen Wertes solcher Quali tätsprodukti on, wurde ich aber von anderer Seite mit einer ganz versch iedenen, höchst erfreulichen weltmännischen Au ffassung gerade -des p r ak I i s c h en We r I es meiner Qualilätsbeslrebungen, selbst fiir die Österreich ische Stahlgroß– produklion, beehrt: Gleich nachdem bekannt geworden war, daß das k. k. Unterrich tsministerium und der Gewerbeförderungsdienst des k. k. Handels111i11isteriums mei11 künfti ges, aus den Mitteln des Landes Oberösterreich zu erbauendes .s t aa t I i ch s ub v e n t i o ni e r t es M e i s t e r a t e I i e r fiir S t a hl sehn il! " zu fö rdern beschlossen, gab d ie Akti engesellschaft Gebr. Bö hl e r & Co. die schriftlicl,e Erklärung ab, daß sie alle jene Qualilätsstahlsorlen, die ich von jeher aufs sorg– fä ltigste aus ihren Marken auswählte, von nun an für das neue Atelier mit ganz besonderer Sorg– fa lt erzeugen u11d ohne Entgcld beistellen wolle.''') Ich darf darin wohl nicht allein einen Beweis *) Die erste namhafte Sendung ist bereits in Steyr eingetroffen. 21

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