Maturazeitung HTL Steyr 5 HKb 1982

Jeder kennt ihn, unseren Achi mit seinem Marken zeichen, dem blauen Seemannskäppi. Wie er seine Behaarung verlor und wie er zu den unzähligen Spitznamen kam, wissen wir nicht. Alle diese Stories sind schon von vorgestern. Achi bewarf uns vom 1. bis zum 3. Jahrgang mit diversen Säuren, Basen, organischen und anorga nischen Substanzen, Brandklassen, Derivaten, Kunststoffen, Redoxgleichungen, molaren und normalen Massen und etlichen weiteren chemischen Ausdrücken, Stoffen und Verfahren, die bis heute niemand kapiert hat. Der Chemieunterricht lief immer mit stoischer Beständigkeit ab: acht Leute zur Wiederholung, anschließend Stoff bis ca. eine Minute vor dem Läuten der langersehnten Pausenglocke. Wenn am selben Tag Tests zu absolvieren waren, erließ er uns auf unsere Bitte hin die Wieder holung und nahm dafür in der nächsten Stunde 16 Schüler in die Mangel. Ein besonderes Privileg hatten bei ihm Repetenten. Ihnen stand es frei, mit zuschreiben oder nicht, vorausgesetzt, sie konnten ein sauberes Heft aus dem Vorjahr vorweisen. Daß diese Schüler gewöhnlich in der letzten Bank saßen und so gut wie überhaupt nicht auf den Unterricht achteten, kann man sich wohl sehr gut vorstellen. Eine Abneigung bei Prüfungen scheint er gegen die Tafel zu haben. Er notiert die Punkte nämlich nicht auf der 1.5 m entfernten grünen Wand, sondern auf dem Tisch. Nachdem wir im 4. Jahrgang ein Jahr pausierten, durfte er uns im 5. Jahrgang im Labor erneut begrüßen. Dabei wurden zuerst unsere Kenntnisse überprüft, was des öfteren kläglich endete. Er brachte uns im Labor bei, daß man Vorschriften (nichts essen und trinken im Labor) nur mißachten darf, wenn man Lehrer ist, einen Schnupfen hat, unbedingt Hustinetten essen muß und sowieso nichts anrührt außer dem Kugelschreiber. Wie gesprochen, so kam es dann auch. Er erzählte uns, was wir zu machen hätten und lehnte sich genüßlich in den Sessel zurück. Wir mühten uns dann ab, seine diversen Chemikalien zu wägen, mischen, neutralisieren und einzudampfen; und allein sein Blick sagte uns schon, daß wir zum Chemiker denkbar ungeeignet sein würden. Wenn man an den Chemieunterricht zurückdenkt, so möchte man ihn wegen der versteckten Menschlichkeit, die dennoch in ihm steckt, nicht missen. Achi kann man nicht als einen reinen Vollblutchemiker bezeichnen, er versuchte stets, uns die Chemie schonend und menschlich beizubringen. Wenn er etwas für Schmuck übrig hätte, würde er sich sicher einen Benzolring um den Finger und eine Molekülkette um den Hals wickeln.

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