Maturazeitung HBLA Steyr 1988

Nach der Pleite bei den letzten Olympischen Spielen jubeln Experten: Neues Wunderkind rettet Ansehen der Nation! Völlig überraschend gewann die bisher unbekannte, auch sportlich gänziich unambitionierte Schülerin X. Ypsilon beim gestern stattfindenden Marathoniauf die Goidmedaille, Die ganze Sportwelt steht vor einem Rät sel: Wie ist das möglich? Als einzige Erklä rung war ein besonderes Talent denkbar. Messungen ergaben jedoch unterdurch schnittliche Werte. Auf diesen Wider spruch hin befragt, machte die Schüierin keinen Hehi daraus, daß sie außerhalb der zwei Wochenstunden Turnen ein zusätzli ches Training absolvieren mußte. Auf der verzweifelten Suche nach Clopapier war es unumgänglich, mehrere Ki lometer im Schuigebäude zurückzulegen. Stationen, die mehrmais tägiich angelau fen werden mußten, waren zum Beispiel die Direktion (mit den überaus zuvorkom menden Sekretärinnen Judith und Chri sta, die es nicht schafften, sich auf der sozialen Leiter zum Stand der r'.'jipc." emporzuarbeiten), der Schulwart seliior (meist unbekannten Aufenthaites, der sich durch die Hektik der Schüierin (es eiit!) in seiner stoischen Ruhe nicht stören iieß und liebevoil seine Thermoskanne umklam merte) und Frau Donner (die in der irdi schen Niederlassung des galaktischen Putzfrauenverbandes über das Ciopapier waltete und schaltete). Sollte es auch weiterhin ungebrochene Schülerinnen geben, die sich auf den aussichtsiosen Kampf gegen die Naturgewal ten Donner und Direktion einlassen, was angesichts der sich ständig verschlech ternden Lage der Ciopapierversorgung sehr wahrscheinlich erscheint, besteht die Hoffnung, daß die HBLA auch in Zukunft Nachwuchstaiente hervorbringen wird. r orv. rT i CFÖ läuft etablierten Parteien den Rang ab! Einhergehend mit einer Rückbesin nung auf „Wahre Werte" gewinnt die braunrosa Partei zunehmend die Gunst der Wähler. Die Großparteien mit ihren lächer lich anmutenden, nicht ernstzunehmen den Forderungen wie Vollbeschäftigung oder Beibehaltung der Sozialleistungen können mit dem progressiven Programm der CFÖ (Ciopapier für Österreich) nicht Schritt halten. Das Wahlprogramm dieser Partei, die mit alten Traditionen bricht und keine Tabus kennt, schlägt wie eine Bom beein. Schwerpunkt dieses Wahlprogrammes ist die Forderung nach einer ausrei chenden Versorgung mit Ciopapier; allge mein und im besonderen an Schulen. Die Politiker dieser Partei mit grünem Touch verlangen unter Berücksichtigung des ökologischen Aspekts die Verwen dung von Umweltschutzclopapier. Der erbittertste Gegner dieser Idee ist der Verbund der Kanalarbeiter, der auf da mit verbundene Mehrarbeit hinweist und sich im wahrsten Sinn des Wortes dadurch überflutet vorkäme. Diese Minderheit wird jedoch die Ent wicklung der CFÖ nicht aufhalten können. Kulturbanausen entweihen Hechkultur STEYR. — Um den essentiellen Bedürf nissen, wie Verrichten der Notdurft nach gehen zu können, wurde und wird altes Kulturgut (Goethe, Schiller, Konsalik, . . .) zweckentfremdet verwendet. Für die Professoren wird es zusehend schwieriger, den Literaturunterricht zu ge stalten, weil die Seitenzahl der Bücher meist schon erheblich vermindert ist. Zu dem grassiert das Desinteresse an der Literatur wie eine Seuche unter den Schü lern, was aber nicht auf mangelndes Inter esse zurückzuführen ist, sondern darauf, daß nicht das Wissen, sondern die Bücher Lücken aufweisen. Diese Entwicklung ist schon so weit fort geschritten, daß alleine das Geräusch beim Herausreißen von Seiten eine Aller gie bei Deutschprofessoren auslöst. Dennoch muß man auch den positiven Gesichtspunkt dieser Situation sehen: Den Angehörigen der untersten Schicht (Froschmänner) wird auf diese Weise Lite ratur vermittelt, die ihnen unter normalen Umständen versagt geblieben wäre. Die „heruntergekommene" Literatur stellt eine willkommene Abwechslung zur sonst recht eintönigen Lektüre des bedruckten Umweltschutzclopapiers dar. Da die Froschmänner vermehrt lesen, können sie die, während der Dienstzeit „anfallende" Arbeit kaum noch bewältigen. Trotz dieses positiven Aspektes ist es schade, wenn das Lileraturgut aus so ba nalen Gründen verfällt. Je schwärzer der Montag, desto rosaroter die Aktien — oder Ausnahmen bestätigen die Regei WIEN. — Angesichts des allgemein hohen Kursverfalls ist es erstaunlich, daß der Kurs eines Wertpapieres (rosa Wertpapier) nicht nur stagniert, sondern sogar im Steigen begriffen ist. Berücksichtigt man allerdings die Hintergründe dieser anormalen Entwick lung, so ist dies durchaus verständlich. So wäre zwar an und für sich Ciopapier in bedarfsdeckenden Mengen vorhanden, nur befindet es sich zum überwiegenden Teil in Hände der HBLA (Hortungsgesellschaft für besonders lukrative Aktienprodukte), die nicht beabsichtigt, auch nur einen Bruchteil der enormen Vorräte abzustoßen, bevor Ciopapier mit Gold aufgewogen wird. Die, durch die systematische Anhäufung von Ciopapier bedingte Knappheit spitzt sich ständig zu und macht staatliche Eingriffe zur Regelung des Ciopapierkonsums notwendig, umsomehr als eine Kampagne, zur Bannung der Gefahr erdacht, mit ihrem Slogan „Wir müssen zusammenhalten!" nicht den gewünschten Erfolg erzielen konnte. Das Maßnahmenpaket, das in einer Krisensitzung zur Bekämpfung der Misere beschlossen wurde, erinnert stark an das im Jahre 1974 (Erdölkrise). So ist zum Beispiel die Einführung eines ciopapierfreien Tages pro Woche geplant. Zusätzlich ist beschlossen worden, Ciopapier, das jetzt den Status eines Luxusartikels hat, mit dem entsprechenden Steuersatz von 40 % (erhöhte Luxussteuer) zu belasten. Beträfe die Knappheit nicht Ciopapier würde man uns wahrscheinlich auffordern, den Gürtel enger zu schnallen, was unter Berücksichtigung des dadurch entstehenden "Drucks auf die Blase und dem damit verbundenen Wunsch nach „Druckausgleich" unter den gegebenen Umständen (kein Ciopapier) äußerst unklug wäre, so daß man am wenig erfolgreichen, dafür um so situationsgerechteren Slogan „Wir müssen alle zusammen halten!" festhalten wird.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2