Festschrift zu Maturafeier 1875-1950

Siu am d^ muaa d/ÜeLt Von Elisabeth (Sindelar) Cerda Grand Rapids, Michigan, USA. Da es mir wohl kaum möglich sein wird, heim kommenden Maturanten treffen anwesend zu sein, freut es mich umso mehr, daß ich Gelegenheit ge ­ funden habe, meine lieben Grüße und besten Wün ­ sche allen euch Maturanten schriftlich zu senden. Ich glaube, ich bin eine derjenigen, die das Schicksal seit den alten Schultagen am weitesten verschlagen hat. Nach einer vorverlegten Matura im Februar 1944 folgte der RAD., Kriegseinsatz, nach Kriegsende 2 Semester an der Universität in Innsbruck und nun bin ich schon fast 3 Jahre lang in den Vereinigten Staaten verheiratet. Der Schul ­ atmosphäre stehe ich immer noch recht nahe, da mein Mann noch im 7. Semester der Philosophie steht. Zweifelsohne sind die Lebensverhältnisse hier von denen in Oesterreich grundverschieden, doch meine Sprachkenntnisse haben mir geholfen, mich ganz leicht in mein neues Leben hineinzufinden. Diese Kenntnisse verdanke ich unserer alten Schule und ganz besonders Frau Dr. Dobrauz. Kaum je ­ mand erkennt die Ausländerin in mir an meiner Aussprache. Eigentlich bin ich es ja auch nicht mehr, denn ich besitze seit ein paar Wochen die amerikanische Staatsbürgerschaft. Je weiter man in der Fremde ist, desto schöner und freundlicher sind die Erinnerungen an ver ­ gangene Zeiten und dazu zählt auch meine Schul ­ zeit in der damaligen Steyrer Oberschule. Lachend denke ich an die großen und kleinen Sorgen von damals zurück. Erst nachdem ich das amerikanische Schulsystem kennen gelernt habe, weiß ich meine eigene Er ­ ziehung zu schätzen. Es bedarf hier meistens zwei Jahre Junior College, um den jungen Leuten die Vielfalt der Gegenstände und das Wissen zu ver ­ mitteln, das wir daheim von einem Maturanten er ­ warten. Die Lehrmethoden an den hiesigen Hoch ­ schulen erinnern mich lebhaft an die österreichi ­ schen Mittelschulen mit Schularbeiten, Anwesen ­ heitslisten und Semesterzeugnissen und ein euro ­ päischer Student könnte sich wohl kaum daran ge ­ wöhnen. Wenn ich einmal auf einen kurzen Besuch nach Oesterreich zurückkommen kann — und darauf freue ich mich schon unheimlich — werde ich wohl nur den einen oder die andere von Euch Maturan ­ ten zufällig treffen und deshalb möchte ich hiermit allen und ganz besonders dem Matura jahrgang 1944 aus so weiter Ferne viel Glück für ihren weiteren Lebensweg wünschen. 28

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