Festschrift zu Maturafeier 1875-1950

StÜlUl/ien AUS MATURANTENKREISEN Studienrat Gregor G o 1 d b a.c h e r, Professor von 1899 — 1935 schreibt : JKntum ezLelwih Der 21. Juli 1894 war für Steyr insofern ein be ­ deutsamer Tag, als nach Wiedererrichtung der Oberrealschule zum ersten Male die Reifeprüfung abgehalten wurde. Wie damals üblich, erschienen die 11 Kandidaten in „schwarzem Einband “ , auf dem Kopfe den Zylinder, der zumeist schon viele Festivitäten der Eltern mitgemacht hatte und bei klein gewachsenen Prüflingen (z. B. Grünwald) zur Verlängerung der Gestalt dienen sollte. Uebrigens hatte der vielgeschmähte geometrische Körper eine gute Eigenschaft, denn er verscheuchte die Prü ­ fungsangst beim gegenseitigen Anblick durch ein allgemeines Gelächter. Die Prüfung unter dem Vorsitz des Landesschul ­ inspektors Eduard Schwammei verlief bis zur „Geo ­ graphie “ ohne Schwierigkeiten ; als aber unser Geographieprofessor,' der einarmige Thomas Bau ­ ernfeind, der uns in Geographie nur europäische Fragen zu stellen versprochen hatte, dem Schreiber dieser Zeilen wieder eine solche gab, wurde Schwammei zornig und sagte zu Bauernfeind : „Ein Kandidat muß doch auch vom Ausland etwas wis ­ sen ! Also, Sie, Goldbacher, sagen Sie mir etwas vom westindischen Archipel ! “ Bauernfeind wurde leichenblaß und stotterte : „Herr Vorsitzender, — ich, ich ... “ Ich aber steuerte auf eine dort hängen ­ de Landkarte los, dachte daran, daß mein Vater Raucher war und wir gern Tee trinken und schmet ­ terte los: Cuba, Puertorico, Jamaica. Währenddem hatte sich zwischen dem Vorsitzenden und Profes ­ sor Bauernfeind ein etwas erregter Dialog entwik- kelt, dessen selten vorkommender offizieller Ab ­ schluß darin bestand, daß Bauernfeind den übrigen Prüflingen Zettel mit drei außereuropäischen Geo ­ graphiefragen in die Wohnung schicken durfte. 25

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