Maturazeitung 1943

Sensationsprozeß Wie wir von unserem Sonderbericht¬ erstatter für Gerichtswesen erfahren, wurden in der Nacht vom 14./15. Oktober 1942 auf den unter denSchülern der Oberschule Steyr sehr beliebten Professor Dr. Likpawein Mordversuch unternommen. Der Täter konnte noch nicht überwiesen werden. Es besteht aber die Mög¬ lichkeit, daß er sich unter denfestgenommenen Landstreichern, die sich in besagter Nacht ziellosim Stadtgebiet herumgetrieben haben, befindet. Es sind dies einigeverkommene Gestalten denen die Tat ohne weiteres zuzutrauen ist, da sie doch den Abend des 14.10.1942 in einemSaufgelage, das im Hotel Minichmayr stattfand, verbrachten, und nach den Angaben des Oberkellners nicht geringe Mengen äußerst alkoholischer Getränke zu sich genommen haben dürften. Sie wurden auch in der Nähe des Tatortes von einigen spät nach Hause kommenden Spießbürgern gesehen. Ihre Aussagen darf man aber nicht für unbe¬ dingt richtig halten, da die Zeugen selbst sich in einem nicht ganz einwandfreiem Zustand befanden. Der Hauptverdächtige B. Stracho, ein einige Male vorbestrafter Plattenbruder, hat ein ausgezeichnetes Alibi, das von einigen anderen Plattenbrüdern, die aber wohl der¬ selben Plattern angehören, bestätigt wird. Durch letzteren Umstand gewinnt das Alibi eine leise Anrüchigkeit, die den Vorsitzenden des Hohen Gerichtsrates auf diesen, man kann zwar nicht sagen unberechtigten, so doch auf schwachen Füßen stehenden Verdacht brachte. Weitere Beteiligte, und daher Verdächtige, sind: Der Franzose Louis, der Flame Hed van Redek, Courte Sermo, Muth Bingerfel, ein berüchtigter Kettensträflingf) der die letzten zwei Jahre einsam im Sing-Sing verbrachte und E.W. Smithhiller. Die Bande brachte es sogar fertig, einen friedlichen Gärtnerssohn, ein harmloser Jüngling, zu verführen und den Verdacht auf ihn zu lenken. Die Tat wurde um Mitternacht verübt. Ein kinderkopfgroßer, im Entstehen begriffener junger Berg wurde in das Fenster der (zum Glück) Küche geschleudert. Der Fels durchschlug den Boden der Küche und flog in das Schlafzimmer der Familie Likpaw und bedrohte selbige lebensgefährlich. Durch das Gepolter wurde die Familie geweckt. Laute Aufschreie ertönten, wodurch die Nachbarschaft aus der Nachtruhe gerissen wurde. Dr. Likpaw alarmierte sofort die Polizei, die Technische Nothilfe, die Städtische Feuerwehr, den Städtisehen Rettungsdienst und einen Bauzug des Reichsarbeitsdienstes, die dank ihres schnellen Eingreifens die Familie vor dem sicheren Tode retteten. Die Mörderbande, die aus lauter hartgesottenen Sündern, Rotznasen und Dreckseelen bestand, roch Lunte und verstand es, sich rechtzeitig dem Zugriff des Gesetzes zu entziehen. Am nächsten Tag wurden am Fündamt des Polizeibezirkes Steyr einige vollkommen besoffene, zernäpfte und in Nikotinrausch schlafende Landstreicher abgegeben. Da dieser Zustand aber an und für sich strafbar ist, wurden sie im Polizeigefängnis in Verwahrung genommen. Die Polizei hatte Glück mit diesemFang, denn, wie sich herausstellte, waren es einige der Landstreicher, die dadurch, daß einer von ihnen im Traume sprach, was wie "Im Nachthemd wolln mir eam segn“ klang, verraten wurde. Da die Festgenommenen am nächsten Tage nicht einver¬ nehmungsfähig waren, wurde die Verhandlung auf den 1.11. verschoben. . Sämtliche Verhandlungen blieben erfolglos, die Angeklagten wurden wegen Mangel an Beweisen freigesprochen. 1) er gibt an "Kayser" zu sein,..... 119

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