Maturazeitung 1943

Verbissene Wut hat die noch kräftigen, ein letztes Aufraffen der schwachen Körperkräfte, hat die schon Zernäften ergriffen. Viktor versucht eben, einen Ball, der auf das Tor Onkel Py's zurollt, zu erreichen. Die Erde dröhnt unter seinen Tritten und gerade, als er den Ball mit mächtigem Schlag ins „Out“ befördern will, kommt Ferdl von der rechten Seite mit dem Kopf im Nacken und Ruderbewegungen der Hände heran und schlägt ihm den Ball vom Fuß. Die zwei karambolieren; der Sturz der Titanen, ein erhebender Anblick. Der Ball rollt sensationslos auf den Torhüter, in langen, enganliegenden (allerdings haben sie bei den Knien Ausbuchtungen) (er erspart dadurch Knieschützer und Wattehosen) --)Hosen zu. Py schlägt den Ball mit eleganter Bewegung ins Feld hinaus, während er dem am Boden Liegenden einen vernichtenden Blick zuwirft. Befriedigt dreht er sich um und schreitet seinen zwei Pfosten zu, nicht ohne dabei durch Ausstrecken und gleichzei¬ tiges Abwinkeln der Arme im Ellbogengelenk seine Hemdärmeln weit hinaufzuschieben (er soll diese Bewegung sehr oft auch an der Tafel machen, bevor er eine Konstruktion erklärt). Doch noch während er den Zwicker abnimmt, geschieht etwas Entsetzliches: Der Ball fliegt in einer Wurfparabel auf das Tor zu, ein Entsetzensschrei Ferdl. s: „Pass n S doch auf Sie Kerl, Se!“ P berechtnet kurz vo und Einfalls¬ winkel, setzt sein Binokel auf und sagt: „Wundervool, das ist halt ein Boorsch. Ganz elegant!“ Er streckt die Hand nach dem Ball aus, doch der geht weit von ihm entfernt in die Kreuzecke. „Ist mir ganz unverständlich, wie der Ball ins Tor gehen konnte. Ich muß den Luftwiderstand zu berechnen vergessen haben“ sagt er während er unter Fluchen seiner Partner den Ball aus dem Tor holt. Wie konnte das geschehen? Pors Ausschuß war zu Wadlbert, dem eigenen Mittelläufer gekommen, als ihm dieser aber weiter zu seinem Mittelstürmer, dem Chef befördern wollte, war ihm Gurs, der feindliche Mittelstürmer, unverwegen entgegengetreten. Wadlbert war zwischen seinen Beinen durchgesaust, was ihn aber nicht hinderte, ihm noch einige Tritte in die Waden zu versetzen. Gurs sah im Laufen auf den Kleinen hinunter und fragte höhnisch grinsend und mit den Zähnen bleckend: „Hee, was wolln s denn, Sie Straßenkramperl“, und gab den Ball weiter ins leere Feld, nachdem er mit Leichtigkeit noch den Historiker mit der Angströhre auf dem Kopf überzogen hatte. Inzwischen schrie er noch Ferdl an, der kopf¬ schüttelnd, an einem Bleistift kauend, in Ermangelung von Wänden, an denen er entlangschleichen hätte können, an der Out-Linie ent¬ langwatschelte. „Wenn Sie s net interessiert, dann gehn s hinaus. Dort ist das Tor!" Ferdl schaute nur resigniert auf, dann murmelt er: „Blödsinn" Besagter Historiker hatte pflichtgemäß und sehr korrekt den Tank aufzuhalten versucht und entschuldigt sich bei seinen Mannschafts¬ kollegen nacher mit folgenden Worten: „Wann's net geht, dann geht s halt net, da kann ma nix machen. Stimmt s oder hab i recht?" Erlkönig hatte den Vorgang seines Nebenmannes (er spielte halb-links) mit funkelnden Augen beobachtet und war in die richtige Postition gelaufen. Als Gurs ihm den Ball vorlegte, verdoppelte er seine Anstrenungen, benutzte die Ohren als Luftschrauben und wachelte mit den Händen in der Luft hinter sich, sodaß er mit ungeheurer Geschwindigkeit auf den Ball traf und in hohem Bogen einschießen konnte. Überhaupt wäre er, wenn er bei seinen Kollegen auf mehr Verständnis gestoßen wäre, einer der talentiertesten Spieler gewesen. Als er mit vor Freude glänzendem Gesicht (hochgezogenen... 14

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