Maturazeitung BG Steyr Werndlpark 1979

Liebe 8.c die Schularbeit , die Ihr mir da gestellt habt mit dem Thema " Zukunftsbewältigung" , ist nicht gerade einfach und verlangt ein entschiedenes Bekenntnis zur WahrheitSchön , ich Will es versuchen und ein paar Worte wägen. Ich habe am 29. Mai 1935 am Wiener Realgymnasium auf der Stuben ­ bastei mit Auszeichnung maturiert.Meine Tagebücher von 1935 bis 1937 sind erhalten und ungemein'ausführlich.Was da abgehandelt wird; sind vor allem kunsttheoretische Fragen.Worüber ich mir klarwerden wollte,war nicht die Gesellschaftsordnung,sondern der Weg,den ich beim Schreiben nehmen wollte - und schreiben würde ich auf jeden Fall,das wußte ich schon seit langem.Ich machte Holz - und Linolschnitte , interressierte mich für Bühnenbildnerei und wollte bei einem Kabarett als Texter und Bühnenbildner mitarbeiten, ich kam nicht an,auch andere Versuche schlugen fehl.Im Oktober gab ich es auf und fügte mich dem Willen meines Vaters,der ein Jus Studi ­ um verlangte , weil er mir als Richter einen Posten bei der Justiz zu verschaffen können glaubte. Ich war immer ein guter Schüler , verachtete aber die Schule und nahm sie bloß als notwendiges Übel hin,weil man eben Zeugnisse brauchte.Mit der Universität dasselbe;im Jänner 1937 bestand ich meine erste juridische Prüfung,schrieb aber nebenher meinen ersten,vier Jahre später erscheinenen Roman über Francois Villon ,! Der Scholar am linken Galgen". Ende September 1937 rückte ich zum Bundesheer ein,weil ich 21 war (damals das gesetzliche Alter) , keinen Studien aufschub wollte und über den Kommiss zwischen erster und zweiter Staatsprüfung als nach dem Doktorat hinter mich bringen wollte.Aus dem vorgeschrie ­ benen einen Jahr Militär wurden neun.Erst mit dreissig Jahren kam ich aus der Gefangenschaft heim,ging zunächst zum Theater,und als ich meinen Posten als Dramaturg verlor , erklärte sich mein Vater bereit, freilich wieder einmal unter der Bdingung,daß ich das juridische Studium vollendete . Ich promovierte 195o,hatte aber während des Lernens für die zweite mein zweites Buch "Der Tanz der 7 Teufel" und während der Vorbereitung für die dritte Staatsprüfung das dritte Buch "Das Boot kommt nach Mitternacht" geschrieben , ging darum nicht in den Staatsdienst .sondern riskierte das Le'b' , en als Freier Schriftsteller. ich habe also fünfzehn. Jahre durchhalten müssen,um meinen ursprünglichen Plan der Schriftstellerei zu verwirklichen , und in diesen fünfzehn. Jahren gab es hundert Anläßee ,die Flinte ins Korn zu werfen.Gefürchtet habe ich mich vorm Sterben (nicht vorm Leben), im Krieg einigermassen berechtigt.Das Wichtigstefür mich war Leben, nicht etwa vegetieren.Wenn man lebt,gibt es keine verlorenen Jahre - höchstens die Wirtschaft bedauert,daß da jemand einige zeit für sie nicht geschuftet hat.aber was gehen mich die Wachstumsraten an? Ich hatte kaum politische Ideale,die sind mir von meinem Vater ausgetrieben worden.Politik hat mich nie enttäuscht , weil ich nie etwas von ihr erwartet habejsie ist das Spiel der Mächtigen,vielleicht das aufregendste , das größtmögliche Spiel für uns Menschen , trotzdem nicht mehr,als eine überdimensionale Pokerpartie □ Ich wollte nie mächtig sein.ich wollte schreiben.

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