Migration - Eine Zeitreise nach Europa

gingen und bei der Eröffnungskonferenz von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse teilnahmen, wenn die Gruppe Söhne der Gastarbeita im Schloss Bellevue des deutschen Bundespräsidenten auftrat, dann sind sie von den Machthabenden in deren Arbeit für Toleranz gebraucht und anerkannt worden. Slavko Ninic hat es mit der Wiener Tschuschenkapelle ehenfalls geschafft. Die Neujahrsmatineen, zn denen viele andere Musiker und Künstler eingeladen werden,haben im Wiener Volkstheater bereits Tradition. Die Wiener Tschuschenkapelle wurde außerdem schon mehrmals für Auftritte in der Wiener Hofburg gebucht. Pohtiker, die für einen toleranten Umgang der verschiedenen ethnischen Gruppen ihres Landes eintreten wollen, brauchen also derartige Kulturträger, um symhohsche Akte der Toleranz zu inszenieren. Am 28. Fehruar 2003 - einen Tag nach dem Wiener Opernball - fand im Wiener Rathaus zum neunten Mal der Wiener Flüchtlingsball statt. Fr war vom Wiener Integrationshaus organisiert worden. Einer der auftretenden Künstler war Willy Resetarits alias Kurt Ostbahn, der aus einer Wiener kroatischen Familie stammt. Auf einer CD mit Musik der österreichischen Volksgruppen singt er mit seiner Mutter kroatische Lieder.-" Nehen ihm traten auch das Vienna Rai Orche ster und das Sandy Lopicic Orkestar auf. Die politische Umarmung von Künstlern aus dem Migrantenmilieu stößt aber dann an Grenzen poUtischer Zwiespältigkeit, wenn es um konkrete politische Arbeit geht. Ein Beispiel dafür ist der Versuch von Brothers Keepers, für die internierten Flüchtlinge am Frankfnrter Flughafen zu spielen. Das Regierungspräsidium Darmstadt untersagte das Konzert. Sobald sich die Minderheitenkultur an die Mehrheit richtet bzw. von dieser wahrgenommen und allmählich angenommen wird,kommt es zu dynamischen An passungsprozessen, die von Missverständnissen und stereotypen Zuschreibungen begleitet werden,gegen die sich die Kunstschaffenden nnr schwer wehren können. Die Musikzeitschrift Spex schrieb bereits von „Kanak Chic" in der Berhner Repnhlik. Damit ist gemeint, dass die an scheinbarer Ideenlosigkeit laborierende Knlturindustrie neue Impulse von den Zuwandererkindern erwartet. Das Schlag wort„hybrid"-es stammt aus dem Griechischen und bedeutet eigenthch Mischling bzw. Bastard — geistert im Zusammenhang von Musik und Migration durch die Feuilletons, und die alte romantisierende Schmelztiegel-Phantasie von der faszi nierenden Verschmelzung der Kulturen feiert fröhliche Urständ."" Da jede kapitalistische Gesellschaft das Fremde gerne konsumiert,vermarktet sie dies in vielfacher Weise. Dieses Feilbieten der „Ausländer-Exotik" nimmt oft seltsame Formen an. Ein Beispiel wären die Reahty-Soaps. Der gebürtige Maze donier Zlatko wurde bei Big Brother wegen seiner Sprüche populär und danach als vermeintlicher Gesangskünstler. In Starmania, der 2002 und 2003 laufenden Casting Show des ORF, schaffte es die 19jährige Beate Baumgartner bis in die Finalrunden der letzten Zehn. Dass sie teils afrikanischer Herkunft war, wurde in den üblichen Exotisierungsschemata ausgeschlachtet: Sex & Fxotic seUs. In der Ankündigung einer ihrer Auftritte wurde sie in ein Dirndl gesteckt und durfte 28 Gemeint ist die 1995 von der ORF Redaktion, Heimal,fremde Heimat, herausgegebene CD mit dem Titel Haus gemacht. Hausmusik der österreichischen Volksmusik. 29 Monika Fludernik/ Miriam Nandi, Hybridität. Theorie und Praxis, in: Polylog. Zeitschrift für interkulturelles Philosophieren,8,2001,S. 7-24.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2