Migration - Eine Zeitreise nach Europa

gelten die Phantasie der Mittel- und Westeuropäer. Beliebt waren Schaukämpfe, hei denen die christhehen Helden über die Osmanen obligatorisch siegen inussten, und die als kriegerisch empfundene Janitscharenmusik wurde die Grundlage unse rer Militärmusik. Das Faible für den Orient faszinierte aber auch Komponisten. Mozarts „Entführung aus dem Serail" ist vom türkischen Sujet geprägt.^ 1997 wurde übrigens eine CD unter dem Titel „Mozart in Egypt" veröffentlicht, darun ter auch die „fast orientalische Melodie" des Doppelquartetts in Es-Dur.^ Anders ist es bei der türkischen Volks- und Popmusik der Gegenwart,obwohl Bauchtanzkurse und Bauchtänzerinnen in Lokalen, auf Partys oder gar Hoch zeiten nichts Ungewöhnliches mehr sind. Bauchtanzkurse werden inzwischen an vielen Volkshochschulen beworben und zielen auf Bedürfnisse der Mittel- und Westeuropäer ab. Die Volkshochschule Husum beschreiht einen Kurs zu „Integriertem Bauchtanz" als „Tanz und Erotik, Sport und Therapie zugleich. Das Ergebnis ist lustvoU getanzter Augenblick, Erfüllung und Freude am Sein."' Die für mitteleuropäische Hörgewohnheiten ungewöhnhchen Tonfolgen türkischer Volksmusik-etwa Vierteltonschritte-bleiben den meisten hingegen fremd und für jene, die davon fasziniert sind, verbinden sich damit vermutlich nach wie vor die vermeintliche Exotik des Orients hzw. die Gerüche türkischer Hausmannskost,die wir aus den Restaurants und Döner Kebab Buden kennen.' Öffentliche und private Orte Zur Zeit gibt es in Österreich und Deutschland eine lebendige Musikszene der Zuwanderer,"vor allem jener aus der Türkei und dem ehemahgen Jugoslawien.In allen Großstädten finden sich Treffpunkte, Restaurants und vor allem Disko theken, in denen Volks- und Popmusik zu hören ist. Diskotheken für ehemalige Jugoslawen tragen in Wien Namen wie Plava Laguna, Majami, Karibik, Dayton oder den der bekanntesten Schlagersängerin der 80er Jahre Lepa Brena. In Vösendorf gibt es die Disco Planet,das Nova in Sattledt, das City Orange und das Heaven in Salzburg usw. Hier kann es wenigstens nicht passieren, dass jemandem der Eintritt verweigert wird, weil die Besitzer den vermeintlichen AusländeranteU niedrig halten wollen.^ Meistens wird an den Wochenenden Live Musik gespielt und immer wieder treten bekannte Musiker aus der ehemahgen Heimat auf. Die Kriege 78 brachten aber für die Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien eine Spal tung mit sich, die immer noch nicht überwunden werden konnte. Manche Disko theken gelten als serbisch, andere als bosnisch oder kroatisch, wieder andere als gemischt. In den Chatrooms des Internet toben Kontroversen über einzelne 2 Türkischer Kaffe in orientalischem Aiiihiente, Deutschlandraclio Berlin vom 9. Sept. 2002. 3 Mozart in Egypt nach einer Idee von Hughes de Courson und Alimed al Maghreby. Ein weiteres Bei.spiel wäre die CD Dreain of the Orient des Concerlo Köln und Sarhand,die 2003 erschien. 4 http://www.vhs-husiim.de/kursangel)ot/frauen/frauen.php3 vom 28. Februar 2003. 5 Der Klassiker für die Konstruktionsstniktiiren des Orientalismus: Edward W.Said,Orientalism, New York 1978. Mit der Aufschrift „türkische Hausmannskost" werben inzwischen zahlreiche türkische Restaurants in Wien. 6 Vgl. auch Ursula Hemetek (Hg.), Wege zu Minderheiten. Ein Handbuch,Klagenfurt/Celovec 1998, S. 107-120. 7 Im Juli 2001 wurde dem aus Nigeria stammenden Vorarlberger Delegierten Mike Chukuwuma - er besuchte den Bundeskongress der Grünen — und Bekannten der Einlass in eine Linzer Diskothek verwehrt.

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