Migration - Eine Zeitreise nach Europa

Die Rate der Einbürgerungen stieg in den letzten Jahren stark an, 1995-2001 von 79 Personen auf 285 Menschen (2000 waren es 222), meist aus Bosnien, Jugo slawien und der Türkei. Aber auch durch Geburten stieg der Ausländeranteil in der Stadt, 16,26 % aller 1995 in Steyr Geborenen haben zumindest einen ausländischen Elternteil.™ In den letzten Jahren erregte der muslimische Bevöl kerungsanteil durch die traditionelle Kleidung der Erauen,besonders im Sommer, manchmal Aufsehen. Durch Familienzusammenführung hat sich der Anteü der türkischen Bevölkerung in Steyr seit 1991 mehr als verdoppelt von 362 auf 813 Menschen (= 16,4 % aller Ausländer in Steyr) und die Muslime unterhalten zwei Bethäuser. 14,7 % der Bevölkerung Steyr haben bei der Volkszählung 2001 eine nicht-deutsche Umgangssprache angegeben (vor allem serbisch, kroatisch oder türkisch).^' Ganz reihungslos verlief das Zusammenleben der verschiedenen Nationen in Steyr aber nicht, gerade in Steyrdorf prallten die Interessen von Geschäftsleuten, Hauseigentümern und Migranten aufeinander und man gab gern den Zuwanderern die alleinige Schuld am Niedergang dieses Stadtteils. Es kostete den Verantwort lichen der Stadtverwaltung viel Mühe und Geduld, die Gemüter der „eingesesse nen" Steyrdorfer Bürger zu beruhigen. Zu Konflikten führte auch die 10%-Klausel der GWG [Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft der Stadt Steyr]. Als in den Wohnsilos im Stadtteil Resthof Wohnungen leer standen, vergab die GWG 10% davon an Ausländer,wogegen ein Teil der Resthofbewohner eine Unterschrif tenaktion einleiteten. Auch hier trat mit der Aufldärungsarbeit privater Schhchtungsvereine Beruhigung ein. Inzwischen ist an der Oberfläche Ruhe eingekehrt. Viele aufgeschlossene Steyrer bemühen sich in Privatinitiativen wie „Paraplü" und Caritas ehrenamthch um Integration, besonders der muslimischen Frauen, indem sie Deutschkurse anbieten. Denn bei ihnen hegt der Schlüssel zum schuhschen Erfolg der Kinder, der wichtig ist für ihr berufliches Fortkommen, das den Grundstein jeder Inte gration darstellt. Diese Mitarbeiter streben Integration der Zugewanderten in die Gesellschaft der Kleinstadt an,nicht Assimilation, wie sie vor 100 Jahren von den tschechischen Arbeitern der Waffenfabrik erwartet wurde. Die Volkszählung 2001 ergab, dass in Steyr ein Bevölkerungsrückgang nur durch den Zuzug und den Geburtenanteil ausländischer Mitbürger wettgemacht werden konnte.^'Es gilt die kulturelle Vielfalt, die nun am Ende des 20.Jahrhunderts in die Provinzstadt in kleinem Maße eingezogen ist, zu pflegen, und die Aussichten dafür scheinen 75 günstig, denn die bislang erfolgte Zuwanderung ist auch Ausdruck wirtschafthcher und demographischer Notwendigkeiten. 30 Amtsblatt der Stadt Steyr 1996/3, S.lOf. 31 Statistik Austria, Volkszählung 2001 (online). 32 Ebenda.

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