Migration - Eine Zeitreise nach Europa

MIGRATION UND MULTIKULTURALITÄT IN STEYR Ines Koppensteiner-Bernt Schon zur Mitte des 19.Jahrhunderts erlebte die alte Eiseustadt durch den raschen Ausbau der „Osterreichischen Waffenfahrik" einen Zuzug von Spezialisten der MetaUverarheitung aus Prag und Pilsen, der mit Skepsis und Argwohn betrachtet wurde, obwohl in Steyr 1890 nur 915 Tschechen (= 4,33% der Bevölkerung) lebten.' 1910 waren es ledighch 251, obwohl die Einwohnerzahl der Stadt in etwa konstant blieb.- Man könnte daraus schließen, dass fast drei Viertel der in Steyr lebenden tschechischen Arbeiter seit 1891 die Stadt verließen und woanders Beschäftigung suchten. Es darf aber nicht der Assimilationsfaktor während 20 Jahren außer acht gelassen werden, die zweite Generation hatte sich bereits assimihert. Ebenfalls großteils aus Südböhmen kamen jüdische Mitbürger seit 1851/52 nach Steyr, am 31.Oktober 1857 lebten bereits 50 Personen hier.' Die Juden inte grierten sich sehr schnell in das gesellschaftUche Lehen und wurden angesehene Bürger. Aber auch unter den zugezogenen Arbeitern befanden sich jüdische, die sehr bald führende Positionen in den Arbeitervereinen einnahmen. 1890 hatte Steyr 174 Personen,1900 schon 188 Einwohner mit mosaischem Bekenntnis.''Eine eigene Kidtusgemeinde war in Steyr mittlerweile eingerichtet worden. Erster Weltkrieg Die Zeit des Ersten Weltkriegs brachte wieder ein buntes Völkergemiseh als Arbei ter nach Steyr in die Rüstungsproduktion der Steyr-Werke. Die Bevölkerungszahl der Stadt war bis 1914 ungefähr gleich gehhehen (ca. 17.400 Personen') und stieg nun während des Krieges auf29.840 Personen an,ohne dienstverpflichtete Kriegs gefangene' (1918: Beschäftigungshöchststand in den Steyr-Werken mit 14.000 ßs Arbeitern). Diese Zugezogenen waren großteils männhche Einzelpersonen, die als Untermieter oder Bettgeher und in Baracken und Notunterkünften untergebracht wurden. Die ständig wachsende Rüstungsproduktion konnte aber nur mit Hilfe von vornehmhch russischen Kriegsgefangenen aufrechterhalten werden. Ah März 1 „Der Alpenbote" vom 15.Februarl891,S. 3. 2 Stockinger, Arbeiterbewegung in Steyr, S. 30. 3 Steyrer Kalender 1915,S. 77. 4 Neuhauser/Ranisinaier, Vergessene Spuren, S. 63. 5 Retzl, Münichholz, S.18. 6 Steyrer Kalender 1918, S. 221.

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