zu GRAU, ZU BUNT? Bevölkerungsentwicklung im 21. Jahrhundert und ihre Auswirkungen auf unser Lehen Rainer Münz Jung gegen alt? Stolz berichten Politiker, Zeitungen und Statistiker, dass die Lehenserwartung steigt. Wir alle halten das für einen Beweis hoher Lebensquahtät. Zugleich werden wir in periodischen Abständen auf die kommende Alterung,ja Überalterung unse rer Gesellschaft und die schrumpfende Zahl der Einheimischen hingewiesen. Dann folgt meist der Hinweis auf die drohende Unfinanzierbarkeit des Sozialstaates. Denn in Znknnft wird es viel mehr alte Leute geben, die von der Pensionsver sicherung und den Krankenkassen angemessene Leistungen erwarten. Zugleich schrumpft die Zahl der Kinder nnd Jugendlichen. Und damit wird es zukünftig weniger Jüngere gehen, die Steuern und Versicherungsbeiträge zahlen. Und es wird aufjeden Fall weniger Jugendhche und junge Erwachsene geben,die Schulen und Hochschiden besuchen oder eine LehraushUdung ahschüeßen. Man kann freihch nicht alles haben. Eine ständig steigende Lehenserwartung bedeutet eben in der Regel: mehr alte Menschen. Dass die Zahl der Kinder, der Jugendlichen und der jungen Erwachsenen kleiner wird,ist allerdings keine Folge steigender Lebens erwartung, sondern Konsequenz veränderter Lehenspläne. Die Erwachsenen von heute entscheiden sich seltener für eigene Kinder. Eine wachsende Minderheit bleibt sogar kinderlos. Zugleich verhindert Österreichs eher restriktive Migra tionspolitik seit ethchen Jahren, dass aus dem Ausland junge Leute in nennens werter Zahl zuziehen. Auf jeden Fall werden im 21. Jahrhundert die Gegensätze zwischen den Generationen wachsen. Denn das politische und demographische Gewicht ver schiebt sich zu den Alteren, die finanzielle Last zu den Jüngeren. Zugleich erhöht sich durch wachsenden Wohlstand,Immobilienbesitz und gestiegene Börsenkurse auch die ökonomische Macht eines Teils der älteren Generation. Denn heute und auf absehbare Zeit werden in Österreich nun Menschen alt, die sich im Laufe ihres gi Lehens in der Regel etwas beiseite legen konnten; und deren Ersparnisse nicht dnrch Krieg, Inflation und Zeiten der Not wieder vernichtet wurden. Stabilität und Wohlstand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts machten die Alten von heute daher zur wohlhabendsten Pensionistengeneration, die Österreich je hatte. Hinzu kommt ein -zumindest bisher — relativ großzügiges Pensionssystem. Seine Anwendung in der Praxis gestattet den Berufstätigen im Schnitt schon mit 58 Jah ren den Ubertritt in den Ruhestand, obwohl das gesetzhche Pensionsalter für Männer eigentlich bei 65 Jahren liegt und für Frauen schrittweise auf dieses Regelalter angehohen werden soll. Finanzieren müssen diese Großzügigkeit die Jüngeren. Werden sie dies auch noch tun, wenn die Zahl der Pensionisten in Znknnft dramatisch steigt?
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