128 ist, und in ihrer haltung: ein kleiner, auf rechter, auch schon zerbrechlicher mann, mit sparsamen gesten, in seinem Studier zimmer.„du bist meine erste tochter", hat mein vater gesagt,„und darum möchte ich dir als erster etwas mitteilen, das mir der unsichtbare heute gezeigt hat. so alt habe ich werden müssen,dass sich der rauhreif in den Weinbergen meines haars niederlässt, bis mir der unsichtbare das gezeigt hat, was ich dir jetzt sagen werde: die weit ist weit genug, sich darin rollend zu bewe gen. dann hat mich mein vater umarmt und mir alles gute gewünscht, als erstes war ich in kalifornien." vor ein paar wochen, nach einem fuckhead-konzert in der arena, kommt ein mann zu mir her. ein Südländer,stämmig, mit dem gesiebt von einem,der nicht leicht hereinzulegen ist, und will mit mir mit sei nem hier anstossen. er schaut besorgt, als ich hinter mich zum mischpult greife und meine Hasche nehme, „ist da überhaupt was drin?" als ob ich es nicht ehrlich meinte, ich halte die Hasche so ins licht, dass er sieht, wieviel darin ist. „sherife." sage ich, während wir anstossen. „wo bist du her?"„sherife. aus dem iran. und du?" „von hier." ich habe, ich weiss nicht warum, den eindruck, dass er mit theater oder Performance zu tun hat. vielleicht ist es nur mein wünsch,dass er anahita kennt und mir von ihr erzählen kann. „ja. ich hah im iran theater gespielt, aber nicht im Schauspielhaus, sondern im hus und am strassenrand." „kennst du fa'ime?" „du meinst die mit der gitarre, die auftaucht und verschwindet? anf der donauinsel und am donaidtanal? die ver rückte? klar, sie war im iran sehr bekannt, aber es ist dortfür sie zu gefährlich gewor den.ihr mann war einer der berühmtesten dramatiker. das regime hat ihn erschiessen lassen, sie ist wirklich verrückt, aber ver rückt ist nicht dasselbe wie gugging.'" 1 und anahit ist, wie ich kürzlich aus einem buch gelernt habe, eine wassergöttin der vorislamischen persischen mythologie. ERST DIE BUCHER, DANN DIE MENSCHEN Friedrich Buchmayr „White people don't feel good about Uncle Tom's Cabin. Burn it. Someone's written a bock on tobacco and cancer of the lungs? The cigarette people are weeping? Burn the bock," Die Feuerwehr ist in Ray Bradburys klas sischem Science-Fiction-Roman Fahrenheit 451 (1953) nicht dazu da, Feuer zu löschen,sondern zu legen. Ihre Stahlrohre erzeugen jene im Titel genannte Tempe ratur(etwa 232° Celsius), hei der Bücher papier Feuer fängt. Der totalitäre Staat betrachtet Bücher als Feinde, weU sie die letzten Zeugen individuellen Denkens in einer gleichgeschalteten Welt voller Auto maten sind und so revolutionäres Poten tial enthalten. Frankels Truffauts Verfilmung von Fahrenheit 451 war der Einstieg zur inter nationalen Konferenz „Lost Libraries" in Cambridge im September 2000. Organi sator James Raven (Universität Oxford) wies einleitend auf die traurige Aktualität des Themas hin. Der zeithche Bogen der 20 Referate spannte sich von den ältesten bekannten Bibliotheken, die um 700 v. Chr. in Mesopotamien existierten, bis zur 1992 ausgebombten Universitätsbibliothek von Sarajevo. Um es gleich vorweg zu sagen: im Ver gleich zum menschlichen Zerstörungstrieb fielen nur verschwindend wenige Biblio theken Naturgewalten zum Opfer. Das bekannteste Beispiel ist die Bibliotheca da Corte Portuguesa in Lissabon, die 1755 durch ein verheerendes Erdbeben ver nichtet wurde. „Do you know that books smeil like nutmeg or some spiee from a foreign land? I loved to smeil them when I was a boy." Das Internet wird als Medium oft mit dem baldigen Verschwinden des Buchs in Verbindung gebracht und gilt als dessen „natürlicher" Feind. Aber das „Web" spielt manchmal auch die gegensätzliche Rolle und hilft, Bibliotheken wiedererste hen zu lassen. Bei der Rekonstruktion und Publikation mesopotamischer Tontafel texte kommunizieren die Orientalisten vorwiegend über das Internet. Jeremy Black von der Universität Oxford berieb-
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