Migration - Eine Zeitreise nach Europa

124 Der Mittelmeerraum und die Veränderung dieses Territoriums steht im Zentrum der Arbeit des italienischen Kollektivs multiplicity. Die von Mailand aus operierende Gruppe zeigt hier zwei Arbeiten zum von ihnen als „Solid Sea" (befestigte See) bezeichneten Themenkomplex, „Gase 01_ Ghost Ship" und „Gase O2_0dessa/ World". 1996 kenterte ein mit mehr als 400 Menschen heladenes Schiff vor der Küste SizUiens; mehr als 280 Pakistani, Inder und Tamilen kamen damals ums Lehen. Die menschliche Tragödie wurde von den itahenischen Behörden jahrelang ignoriert, eine Berichterstattung in den Medien fand erst nach dem Auftauchen eines Identitätsausweises eines jungen Tamilen statt. Gase 01 ist eine Material sammlung,die den Versuch anstellt, dieses Geschehen sowie die ausbleibenden Kon sequenzen des Unglücks zu rekonstru ieren. In Form einer mehrteUigen Videound Textinstallation präsentiert das Kollektiv Interviews mit Überlebenden, Vertretern der Behörden, Fischern und dem Kapitän des Schiffs sowie Unter wasseraufnahmen des Bootswracks und diese ergeben zusammen ein berührendes, wenngleich kritisches BUd heutiger geopohtischer Voraussetzungen des so lange als „Wiege der Zivihsation" bezeichneten Wasserheckens. Der-übrigens ausgezeichnete-Katalog in deutscher und englischer Sprache mit Texten von Ursula Biemann, Brian Holmes, Lisa Parks und Irit Rogoff und weiterführenden Beiträgen zu den teil nehmenden Künstlerinnen sowie zu repuhlicart, womenspacework und MAIZ schafft es, die in manchen Präsentationen klaffenden Vermittlungslücken zwischen Konzept, Realisation und Rezeption zu schließen. Diese Schwächen sind nicht zuletzt dank der Funktion, die die Publi kation leistet, aber auch angesichts der insgesamt sehr gelungenen, spannenden Zusammenstellung durchaus verzeihbar. Links: www.geobodies.org (Infos zu Ursula Biemann) www.multiplicity.it www.sarai.net(Infos zu Raqs Media Coiiective) http://makrolab.ijudmiia.org/ http://b ureaudetudes.free.fr/act.htmi http://foundation.generaii.at Geografie und die Politik der Mobilität Generali Foundation Wien 4, Wiedner Hauptstraße 15 17.1. -27.4.2003 SANTA LUCIA Michael John Der ehemalige Ziegelarbeiter und Werkmeister Amelio Savio (links) Steyr, 4. April 2003, lOhSO. Ein trüber Tag - das passende Wetter zum traurigen Anlass: ein Begräbnis. Ein alter Ziegel meister wird zu Grabe getragen. Das üb liche Gedränge auf dem viel zu kleinen Parkplatz vor dem Friedhof in Steyr. Doch da-schnittige Autos fahren vor, mit italienischen Nummerntafeln, elegant gekleidete Damen und Herren steigen aus und streben der Aufliahrungshalle zu - mit Sonnenbrillen im geschlossenen Raum. Der Verstorbene ist Amelio Savio (19122003), geboren in Steyr, verstorben in Steyr, aber aus einer italienischen Ziegelarheiterfamilie stammend. Er wuchs in Italien auf, in der Nähe der friulanischen Hauptstadt Udine und kehrte dann nach Steyr zurück. Das übliche Requiem stimmt die Trauergäste ein. Ein Knistern

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