Stahlschnittkunst / G. Ritzinger von entscheidender Bedeutung. Im Laufe der Geschichte finden wir immer wieder Fälle, daß Erfahrungen verlorengehen, daß eine erziehliche Uberlie ferung abriß, daß ganze Gruppen von Menschen aufvielen Gebieten neu an fangen müßten. Sucht man in der Geschichte gewisse Gipfelpunkte, tut man dies gewöhnlich nach gewissen gewollten Erscheinungen,sogenannten Kultur leistungen. Für die Stahlschnittkunst ist sicher die Zeit Blümelhubers und Gerstmayrs ein solcher Gipfel. Dann ist Ritzinger der Mann, der diesen Gipfel ermöglichte. 1876 erweiterte Ritzinger seine Kenntnisse aufeiner Reise durch Deutschland, Frankreich und Spanien. Als Lehrer in Steyr unternahm er im Auftrage der Unterrichtsverwaltung nochmals zahlreiche Studienreisen im Inland und Ausland. Die Früchte dieser Reisen blieben nicht aus.Im Sinne der Geschmacksbildung schuf Ritzinger 1894 eine eigene Lehrstelle für Gra vieren und Ziselieren. Diese Stelle wurde mit dem verdienstvollen Künstler Q,13 Leo Zimpel besetzt. Dieser wirkte bis 1920 an der Schule*. Ein hochwertiges Vorbild für die Messerabteilung stellte die 1882 von Anton Petermandl der Schule überlassene Messersammlung dar. Sie enthält eine große Zahl wertvoller Stücke aus allen Weltteilen. Diese Sammlung befindet sich nun im neuen Eisenmuseum in Steyr. Fachschuldirektor Regierungsrat Ingenieur JosefHaßlinger berichtet uns,daß ihm aus den mündlichen Uberlieferungen von Seiten der älteren Lehrkräfte bekanntgeworden ist, daß Ritzinger tatsächlich an der Fachschule in Steyr Q,26 die edle Kunst des Stahlschnittes gepflegt hat*.Haßlinger berichtet wörtlich: „Aber den unumstößlichen Beweis zu erbringen, daß Ritzinger speziell seinen damaligen Schüler, später Meister des Stahlschnittes Prof. Michael Blümelhuber in derTechnik desselben unterwiesen hat, ist inkunstgeschichtlicher und lokalgeschichtlicher Hinsicht sehr wertvolles Verdienst des damaligen Steyrer Mitarbeiters der Linzer ,Tagespost' Hans Doppier. Ihm ist es gelungen, eine der Stahlschnittarbeiten Ritzingers aus dieser Zeit zu entdecken und damitzu beweisen,daß derehemalige Fachschuldirektor Gustav Ritzinger als Begründer der Pflege des Stahlschnittes in Steyr zu gelten hat. Es handelt sich nämlich um einen im Jahre 1880 im Renaissancestil in Stahlschnittarbeit ausgeführten Schlüssel, zu einem Prunkschrank gehörend, welcher von der Wiener Kauf mannschaft dem österreichischen Kronprinzenpaar Rudolf— Stephanie am 18. Mai 1881 als Hochzeitsgeschenk übergeben wurde. Dieser Schlüssel be findet sich nunmehr im Besitze des Kunsthistorischen Museums in Wien (Bild 29). Durch die Bemühungen Doppiers ist es erfreulicherweise ermög licht worden, den Schlüssel Ritzingers im Rahmen einer Ausstellung von Arbeiten der Fachschulabteilung für Metallkunstgewerbe des Professors Hans Gerstmayr, welche die Steyrer Fachschule im Linzer Landesmuseum in der Zeitvom 31.Jänner bis Ende 1937 durch das besondere Entgegenkommen des 30
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