Der Künstler und sein Werk Beijedem Kunstwerk,das hier in Bild und Wort vorliegt,können wir die Frage stellen, ob wir aus uns heraus imstande wären. Eisen oder Stahl ebenso ein prägsam zu gestalten. In aller Regel werden wir bei genügend Selbstkenntnis mit nein antworten. Wir spüren, daß wir es hier mit künstlerischen Persön lichkeiten zu tun haben.Jeder Künstler hatte dasselbe Mittel. Jeder hat den Stahl in eigener Art gehandhabt, hat den Stoffin eigener Art geformt.Jeder dieser Künstler hat gleichsam dem vorhandenen Stoff sein eigenes Bild auf geprägt.Je schärfer dieses Bild ist, desto höher schätzen wir die künstlerische Kraft. Willi Baumeister sagt einmal ganz richtig: „Der Mensch und der Künstler gleicht einem Radfahrer: Wenn er anhält, so fällt er um!" Er will offenbar sagen,daß die Begabung allein es eben nicht tut. Die Kunst setzt die Arbeit am Stoff voraus. Ein Künstler ist erst der, der an seiner Kunst gear beitet hat. — Jede Fremderziehung hat die Selbsterziehung zum Ziel, jede Fremderziehung ist Hilfe an der Selbsterziehung oder soll es sein, sonst artet sie in Dressur aus.So kann auchjede Kunsterziehung in Bildungsanstalten nur eine Bildungshilfe darstellen, eine Bildungshilfe im Dienst der menschlichen Person, die sich bilden will. Ja, der Schüler muß sich bilden lassen wollen. Jeder Schüler, der das nicht einsehen will, der gleicht einem Wanderer in finsterer Nacht auf engem Weg, der lieber in Kauf nimmt, die Böschung hinabzufallen und sich das Genick zu brechen, als die Taschenlampe eines Freundes zu benutzen, und dies nur deshalb, weil diese Lampe nicht ihm selbst gehört. Und es kann aberjemand beim größten Meister in die Schule gegangen sein, wenn er selbst nichts geleistet, wird die Geschichte der Kunst über ihn nichts zu erzählen haben. Die Größe eines Künstlers hängt letzten Endes lediglich von seinem Schaffen ab. Nur die Leistung entscheidet für seine Größe. Die Frage, wie er zu dieser Leistung gekommen ist, ist für seine Lebensgeschichte oder für die Geschichte der Kunst von Belang, nicht aber für die Leistung selbst. Der Sinn des Dichterwortes „Höchstes Glück der Erdenkinder ist nur diePersönlichkeit"liegt darin,wenn es einerPerson gelingt,die eigenen mensch lichen Anlagen mit der Umwelt in möglichste Übereinstimmung zu bringen. Wennjemand starke künstlerische Anlagen hat,so wird er sich dann glücklich fühlen, wenn er Gelegenheit hat, diese Anlagen in Leistungen, Werke umzu setzen, und wenn er für seine Leistung auch die Wertung seiner Mitmenschen findet. Unterrichtsminister Dr. Felix Hurdes erklärte bei einer Tagung der UNESCO im Auditorium Maximum der Wiener Universität. „Es darf nicht mehr vorkommen, daß man das Schaffen und Mahnen der Künstler als Träumereien hinstellt, die höchstens geeignet sind für stille Stunden im Ofen winkel, nicht aber für die Wirklichkeit des Lebens. Im Gegenteil, sie sollen uns wieder Wegweiser sein und bleiben." 13
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2