Eisen- und Stahlschnitt

Der Künstler und sein Werk einer Ordnung, zweitens aber die Veranschaulichung sowohl der Einheit als der Vielheit dadurch, daß unser Vorstellungsleben bis zur Anschaulichkeit angeregt und unser Gefühlsleben in Schwingung gebracht wird. Schönheit ist also in diesem Fall veranschaulichte Ordnung." „Dabei dürfen wir den Ausdruck ,anschaulich' nicht nur auf das Vorstellungsleben beziehen. Ein Kunstwerk ist um so anschaulicher,je stärker es in unser Gesamtbewußtsein eingreift, also vor allem auch in unser Gefühlsleben." „Wir bezeichnen als unschön oder häßlich vor allem eine Störung in der Ordnung."„Es gibt eine ganze Reihe von Ausdrücken, die sozusagen Grade des Schönen darstellen; Zierlich, anmutig, lieblich, niedlich, herrlich, erhaben, prächtig, hübsch, reizend, entzückend, bezaubernd, berückend, bestrickend,schmuck, nett,sau ber, stattlich, hehr, blühend, strahlend, blendend, vollendet. In diesen Aus drücken haben wir bald mehr die Betonung des Reizes, der zu Lustgefühlen führt, so besonders deutlich in den Worten reizend, berückend, bestrickend, bald mehr die Betonung der Ordnung,so etwa in den Ausdrücken hehr, herr lich, erhaben." Mit dieser Zergliederung des Wortes Ästhetik können wir an die Betrachtung aller Kunstwerke herantreten. Hinterjedem Kunstwerk steht eine Persönlich keit. — Wann haben wir es nun mit einer künstlerischen Persönlichkeitzu tun? — Esist Aufgabejeder menschlichen Person,aus Anlagen,diejedem Menschen mitgegeben sind, im Zusammenwirken mit der Umwelt eine geschlossene Ordnung aufzubauen,die Vielheit in eine Einheitzu bringen, eine Persönlich keit zu gestalten. Als Personen sind alle Menschen gleich, als Persönlichkeiten aber sind sie verschieden. Die Person, die erkennt, unterscheidet und ent scheidet, ist es, die aus Vorstellungsreihen, Empfindungen, Gefühlen und Sonderbegriffen eine Einheit aufbaut. Die seelische Veranlagung unterbreitet dem Geist die Vielheit, den Reichtum an Einzelheiten für sein Ordnen. Die sinnfällige Wiedergabe der erkannten Ordnung ist das Kunstwerk.Es ist sicher eine bedeutende Kunst,Naturerscheinungen sinnfällig wiederzugeben. Größer aber ist die Kunst,wo der Geist, die Person in der eigenen seelischen Erschei nungswelt, den Vorstellungen und Stimmungen, eine freie Ordnung aufbaut und dann diese in der Außenwelt zur Darstellung bringt. In einem Aufsatz Q,69 über Picasso sagt Prof. Dr.Otto Stelzer*: „Seit vierhundert Jahren war aller Fleiß darauf gerichtet, im Bilde die Wirklichkeit nachzuahmen. Den meisten Ruhm erntete der Maler beim Publikum, wenn er eine Fliege so ,täuschend' auf einen Apfel malen konnte, daß man sie wegzujagen versuchte Die Photographie kam auf und konnte das auch. Die Künstler waren es leid ge worden, weiterhin Augenwirklichkeiten vorzuspiegeln, Raum vorzutäuschen, wo doch in Wirklichkeit nur ebene Leinwandfläche war." Das Bild des „Friedens" (Vogelkäflg — Fische — Aquarium) von Picasso ist ein gutes 10

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