Der Wehrgraben - Topographisch statistisch technische Beschreibung 1832

5 Zweite Zeugstatt. Von der ersten Zeugstatt in gerader Richtung mit dem Laufe des Flusses liegt etwa 40 Klafter weit entfernt die 2 te Zeugstatt, im Situationsplan mit Nr. II bezeichnet. Bei selber befindet sich erstlich am rechten Ufer des Canals die sogenannte Doktor-Mahl-Mühle mit 6 Gängen u. einem Stampf h in sehr guten Zustand, derzeit dem Herrn Ignaz Haratzmüller Haus Nr. 116 zu gehörig. Über die Getreide-Mahl- Mühlen in Stadt Steyr muss man überhaupt die billige Bemerkung hinzufügen, dass es nicht viel Orte gibt, wo so gutes feines Mehl zu bekommen ist, wie aus diesen Mühlen, diese Mühlen haben auch einen scharfen gleichergiebigen Zufluss von Wasser, eine stete Geschwindigkeit, eine leichte Bewegung mit so wenig Reibung als möglich, weil Alles fest in einander greift und hält, und nicht wie die Wassermühlen an der Donau öfters stottern and faul gehen. An diesem Platz sind besonders noch auf einem so schma- len Flächenraum über dem Kanal erbauten 5 hölzerne Schleifen und Polieren k merkwürdig, wovon 3 dem Herrn Schleifmeister Josef Kettenhuber und den zwei Brüdern Seiler angehören, die anderen ge- hören teilweise den Herren Scherenschmiedmeistern Josef u. Aloys Stierl, dem Zirkelschmied Aloys Großauer u. den Ahlschmiedmeistern Reschberger u. Molterer, dann Herrn Johann Mayr, Schermesse- rer Meister, welcher auch Rasiermesser schmiedet, schleift und poliert. In diesen Werkstätten werden alle Gattungen Messer, Zeugs-Klingen, Säbel, Bajonette, Schneid-, Stech- u. Bohr-Instrumente geschlif- fen und poliert. Zum Polieren werden auch Frauenzimmer verwendet. In diesen und ingleichen in den übrigen Schleifen in Steyr herrscht, wenn anders die Arbeit recht häufig ist, große Tätigkeit vom grauen Morgen bis in die späte Nacht hinein. Von Weitem hört man im Vorübergehen den schneidenden gellen Ton in den Schleifen, und die Stahlfunken spritzen bei Türen und Fenstern heraus. Die Schleifer verrichten ihre Arbeit nach Erfordernis entweder sitzend, das Schneidzeug an den Stein haltend, oder überm Stein, da die Räder sehr hoch sind, an Durchmesser 2 bis 5.8 & 9 Schuh, so sitzen die Gesellen auf schneidigen hölzernen Satteln in einer beschwerlichen über den Stein herabneigenden Stellung, um den Schliff machen zu können, diese Leute haben auch keinen guten Körperbau dessentwegen und bekommen früh missliche Zufälle, ja diese Menschen büßen oft jämmerlich zugerichtet ihr Leben ein, wenn unglücklicher Weise ein Stein während der Arbeit zerspringt. Die Schleifsteine kommen von Waidhofen an der Ybbs aus einem dort befindlichen Steinbruch. Bey die- sen Schleifen, befindet sich ein Gasthaus, zum Segel genannt, in welchen zu gewissen Zeiten die

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