Amtliches Linzer Adressbuch 1940

Gegend, in der es erst „Hinter den Fischerhäusln", dann „L e d e r e r g a s s e" und noch später „L a z a r e t t g a s s e" hieß. Eine neue Befestigungslinie (1276 und 1384) war notwendig geworden, um die Alte Stadt und den Markt zusammenzuschließen, Sie verlief in der Richtung von der heutigen Schloßkaserne über die Promenade — es hieß dort „bei den Baum gärten" — und Graben zum Pfarrplatz und über die Zollamts st raße und Obere Donaulände zurück zum Schloß, Ein kärglicher Raum zur Entwicklung einer Stadt, Schloß und Häuser waren aus Holz gebaut und von diesem gotischen Linz ist fast jede Spur verloren gegangen. Nur die mittelalterlichen Stadtumrißformen blieben erhalten, die Grundanlagen der damaligen Häuser, die die nachher Bauenden zwangen, die gotische Hausanlage mit schmaler Front und großer Tiefe beizubehalten, War die ursprüngliche Befestigung primitiv, nur Erdwall und Palisadenzaun, so entstand nun dickes, festes Mauerwerk mit Toren und Nebentoren, Von ältesten Häusern mögen gar manche gerade heute, da viele von ihnen in ihren letzten Spuren verschwinden, Interesse finden, so die „Alte H o f st a t t", genannt P i s ch e n h a u s — Pichsenhaus, die als vermutlich letzte Hofstäte innerhalb der alten Stadtmauer errichtet wurde, ferner das alte „Lebzelterhaus" (Hofberg 6), das „Dreischwesternhaus" (Domgasse 1), der „D e ch a n t h o f" (Pfarrplatz 14, das „B ä ck e r z u n f t h a u s" (Rathausgasse 10), der „St, Peterhof" (Pfarrplatz 4), das „Baderhaus" (Adlergasse 5), der Gasthof „Adler", in dem um 1400 das Zollgefällsamt untergebracht war, und das Rathaus, das um die Mitte des 14, Jahrhunderts erbaut wurde. Aus 1492 ist uns der Reisebericht einer italienischen Gesandtschaft erhalten geblieben, die an das kaiserliche Hoflager Friedrichs III. nach Linz kam: „Am 1. Juli kamen die vier Gesandten nach Lince, zwei Meilen von St. Hilario (Wilhering) entfernt. Am User wurden sie von zahlreichen Edelleuten erwartet und von einem Ratsherrn in freundlicher Weise verbis latinis begrüßt; sie wurden dann zu der für sie bestimmten Wohnung am Platze geleitet. Lince ist ein kleiner Ort und weist nur wenige vornehme Häuser auf; das Stadtgebiet ist ungefähr so groß wie der Platz. Geschäfte gibt es sehr wenige, eigentlich gar keine; die Residenz ist innen fast durchwegs hölzern, auch das Dach ist, wie sonst im Lande üblich, mit Holzschindeln bedeckt." 1445 stand schon der Turm des Schmidtores, und sehr alt scheinen auch die beiden Türme des Wassertores gewesen zu sein. Auch die „S t a d t w a a g e" (Altstadt 12) geht auf das Jahr 1500 zurück. Das „M a u t h a u s" (Adlergasse 1), das außerhalb der nördlichen Stadtmauer stand, war befestigt, besaß einen Zwinger und war der Sitz der ältesten Stadtrichter. Es war mit einem eigenen Urbar und besonderen Vorrechten ausgestattet, gleichsam eine zweite Burg von Linz, ein befestigter Brückenkopf, der trutzig gegen den Strom stand. Außerhalb der Mauern war die Bautätigkeit lange Zeit hindurch sehr gering, da die dortigen Bewohner des Schutzes der Befestigungen entbehrten und außerdem das Bürgerrecht nicht erwerben konnten und damit alle Freiheiten, die ein Bürger genoß. In der Fröschau siedelten sich die Juden an, die man aus der Stadt ausgewiesen hatte, um ihre Verbindung mit ihrer Klientel nicht zu verlieren und ihr Recht auf die Marktstände, die sie zwar abseits, aber doch bei den großen Linzer Märkten aufstellen durften, nicht einzubüßen. Schuld an ihrer Wiederaufnahme in das Stadtgebiet waren die einzelnen Herrscher und die Adeligen, die ihre Hausjuden haben wollten, und es ist interessant, daß gerade die Starhemberger, denen fast das ganze Urfahr gehörte, d i e Ansiedlung zweier Juden durchsetzten, die mit und für die Herrschaft handelten. Die Hebräer wurden durch diese Stützen so frech, daß es ihnen auf Grund vieler und andauernder Klagen und Beschwerden 1412 verboten wurde, Handel zu treiben und die Bürger zu schädigen, 1568 wurden die Linzer Juden wegen „w u ch e r- licher Contraktate" bestraft und 1572 neuerlich ausgewiesen, Diese Maßnahmen waren aber immer nur zeitweilig und hatten keinen dauernden Erfolg, In der Stadt selbst zogen sich die Gassenzüge eng und die Häuser bauten sich gedrängt aneinander, denn jeder Bürger war bemüht, möglichst seinen Besitz an den Platz zu verlegen, um dem Markt, dem Hauptgebiet des Handels, nahe zu sein. An der Südwestecke der Stadt entstand 1564 das Landhaus, ein prachtvoller, wuchtiger Renaissancebau, von dem aber nur mehr das herrliche Nordportal vorhanden ist. Es wurde das Hauptbollwerk der Stadt, dem hundert Jahre später an der Südostecke der Bau des I e- s u i t e n k l o st e r s, ferner im engsten Anschluß daran der Alte Dom, das Gleichgewicht hielten. Der Sekretär des Kardinals Caetano, der auf seiner Reise nach Passau die Ketzerstadt Linz mied, aber notgedrungen 1596 an ihr vorüber mußte, schrieb u, a.: „Linz ist eine schöne Stadt, ob derer in der Nähe des Stadttores ein sehr schöner Berg liegt mit 24 Durchgängen oder Bogen, die nach dem Brauche jener Gegenden aus starken Balken und Hölzern gebaut sind," Zur damaligen Zeit führte nämlich ein gedeckter Aufgang von der Klosterstraße in das Schloß, Das Schloß selbst wurde zu Anfang, etwas nach 1600, unter Kaiser Rudolf II. völlig ausgebaut, mit seinen Türmen und Erkern einheitlich zusammengesaßt und im Stil- gefühl der Renaissance ausgestaltet. Die Epoche der Renaissance ist überhaupt in Linz stark ausgeprägt und von Italienern, die in die Stadt berufen wurden — man denkt dabei zu allererst an die Bauineisterfamilie Canaval und To- retto — geschaffen. Viele schöne Renaissancehüuser, die man deutlich an den schweren Steingewänden der Portale und Fenster erkennt, prächtige, säulenreiche Arkadenhöfe erinnern noch heute an diese baulich vielleicht, mit den Schaffenstagen des Barockkünstlers Matthias Krinner zusammen, beste Zeit der Linzer Baugeschichte. Der wertvollste Kunst- besitz aus der Renaissance ist in Linz unstreitbar das Chorgestühl im „Alten Dom", das ursprünglich in dem aufgehobenen Stift Garsten stand. Diesen Kunstaufstieg mußten, das soll nicht unerwähnt bleiben, die bodenständigen Künstler und Handwerker teuer bezahlen, Sie sanken zu Hilfsarbeitern der landfremden Bauleiter herab, 1663 öffnete sich auch das Landhaustor gegen die Herrenstraße zu und schuf den bisher fehlenden Ausgang der stadt auf der Lnndfeite, Auf der Wasserseite durchbrachen das „S ch u l e r t ü r l", das „A p o t h e k e r t ö r l" und das „P o st t ö r l" die Mauer neben dem Haupttor, das schon die alte Umwallung aufwies, Längs der Hauptverkehrsstraße, der Landstraße, in die Ebene hinaus entstanden nach und nach Vororte, Ein Stadterneuerungsplan entstand, der die Einbeziehung der Landstraße-Vorstadt bis zur heutigen Rudigierstrahe und Seilerstätte vorsah. Die östliche Grenze war etwa der Platz des heutigen Museums, Es blieb aber leider nur bei der Planung, Für die weitere bauliche Entwicklung der Stadt, die dem Renaissance-Entwurf nach eine straffe Aufteilung des neuen Stadtgebietes gewährleistet hätte, wäre die Durchführung von grundlegender Bedeutung geworden und hätte die Nachfahren nicht vor fast unüberwindliche Schwierigkeiten im Ausbau der Stadt gestellt. Eine bedeutende Erweiterung des Rechtsgebietes erhielt das Linzer Stadtgericht durch Erwerbung des bis Zizlau und gegen Kleinmünchen reichenden Landgerichtes Donautal im Jahre 1646. Schon in den vorausgegangenen Jahrzehnten war nach langen und insbesondere seit 1578 eifrig betriebenen Bemühungen der längst zu enge Burgfried erweitert worden, indem auch die untere und die obere Vorstadt und auch die mittlere Vorstadt dem Stadtrate unter14

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