Linzer Adressbuch 1925

Linz. Allgemeines. Linz, die Landeshauptstadt von Oberösterreich, zählt nach dem Stande vom Jahre 1923 101.347 Einwohner, die sich ans 48.615 Personen männlichen und 52.732 weiblichen Geschlechts zusammensetzen. Der Flächeu- raum beträgt einschließlich Urfahrs, der Vororte Lnstenau und Waldegg und der Ortschaften Pöstlingbcrg, Hagen, Bachl, Gründ- berg nnd Kleinmünchen 5231'62 ba. Linz liegt in einer Seehöhe von 264 Metern unter 48° 17' 32" 8'" nördlicher Breite und 31°57'36" östlicher Länge von Ferro in der anmutigen Gegend des Linzer Beckens zu beiden Ufern der Donau, dort, wo sie aus einer Enge hervortritt. Zwei stattliche Brücken führen zum linken Donauufer, zur ehemaligen seit 1919 eingemeindeten Stadt Urfahr. Das Klima der Linzer Gegend ist milde und gesund; die mittlere Jahrestemperatur beträgt 9°'6, im Sommer höchstens 30° 0, im Winter selten unter — 11° 6. Die Stadt Linz ist in allen Teilen kanalisiert und hat gesundes Trinkwasser. Geschichtliches. Linz entstand als kleiner befestigter Lagerplatz in der Kette der Donnufestungen, die die Römer zur Zeit des Kaisers Marc Aurel zum Schutz gegen die vordringenden Germanen angelegt hatten. Der Mittelpunkt dieses Lagers befand sich wahrscheinlich ans jener Höhe, wo das Schloß und die Martinskirche stehen. Der Name Lentia wird zwar erst zn Anfang des 5. Jahrhunderts ausdrücklich als Standort der 2. italienischen Legion genannt, aber er ist sicher viel älter. Als gegen Ende desselben Jahrhunderts die nördliche Reichsgrenze Roms den Einfällen der Germanen nicht länger zu wider- steheu vermochte uud die Stürme der Völkerwanderung wild verheerend darüber Hinwegrasten, ging jenes älteste Linz gewalt ­ sam zugrunde, um für Jahrhunderte sozusagen spurlos zu verschwinde». Erst 788 unter dem Bayernherzog Thassilo II. wird Linz wieder urkundlich genannt. Im 9. Jahrhundert war es bereits eine eigene gollstätte und nicht unwichtiger Handelsplatz, der mit Enns, Steyr und Wels zn den Hauptorten des Landes zählte. 1241 wird Linz als Stadt bezeichnet, aber erst 1324 wurden ihm die vollen Rechte einer solchen verbrieft. Als Vor- oder Hauptort des Laudes erscheint in dieser Zeit noch Wels, bis am 10. März 1490 Linz von Kaiser Friedrich III., der ans dem Schlosse lange und mit Vorliebe weilte, zur Landes ­ hauptstadt erhoben und ihr das Recht der freien Wahl eines Bürgermeisters verliehen wurde. 1501 bauteu die Bürger vou Linz eine Brücke über die Donau, wodurch der Handel mit der nördlichen Donaugegend eine erhebliche Förderung erhielt. Hand in Hand ging damit ein baulicher Aufschwung der Stadt, der aber infolge der Religionswirren bald einen empfind ­ lichen Rückschlag erlitt. Die sogenannte Gegenreformation erstickte die frische Blüte des Aufschwunges nnd versengte sie so gründlich, daß dnrch mehr als 200 Jahre ein vollkommener Stillstand der weiteren Stadtentwicklung eintrat. Während des zweiten Bauernkrieges (1626), als Obcrösterreich unter der Verwaltung des bayrischen Statthalters Herberstorf stand, wurde Linz von den' Scharen des Bauernführers Stephan Fadinger vergeblich bestürmt und Fadinger bei der Rekognoszierung des Landhauses tödlich verwundet. Nach Unterdrückung der Bauern wurden am Hanptplatz 18 ihrer Führer hingerichtet, ihre Leichname zerstückelt und an die Türme und Tore gesteckt. Linz, dessen Name infolge der Belagerung mit einemmal selbst in weiten Ländern genannt worden war, trat dann wieder in den Hintergrund geschichtlicher Beachtung, umsomehr, als es auch vom Dreißigjährigen Krieg nicht berührt wurde. Erst im österreichischen Erbfolgekrieg (1774) besetzten Franzosen uud Bayern die Stadt während eines ganzen Jahres, und auch unter den napoleonischen Kriegen mußte sie ähnliche Einfälle erleiden. Der darauffolgende Staatsbankerott vollendete das Unheil, das seit Beginn des Jahrhunderts die Stadt so schwer getroffen hatte und brachte ernent ihre Fortentwicklung zum Stillstand. Das 1800 niedergebrannte Schloß wurde nur mehr teilweise hergestellt, zuerst als Strafanstalt und später als Kaserne eingerichtet. 1803 wnröe der Bau des neuen „ständischen Theaters" vollendet, 1821 ein Teil der Stadt kanalisiert, 1825 gepflastert. 1832 ging von Linz nach Budweis die erste nnd älteste Eisen ­ bahn in Oesterreich, 1837 wurde die Donaudampfschiffahrt eröffnet, 1872 die eiserne, von einer französischen Firma nm 950.000 Gulden erbaute Douaubrücke dem Verkehr übergeben. In neuerer Zeit entstanden zahlreiche schöne, öffentliche und private Bauten, Industrie und Handel nahmen den größten Aufschwung, wozu die vielseitigen Bahnverbindungen wesentlich beitrugen. Seit 1880 besitzt die Stadt eine Straßenbahn, anfangs mit Pferden, von 1897 an elektrisch betrieben. Linz ist die Geburtsstadt vieler hervorragender Persönlichkeiten, darunter die Schauspielerin Therese Schimann (1748), der Botaniker Dr. Johann Duftschmid (1804), der Volksdichter Norbert Purschka (1813), der Altertumsforscher Friedrich Kenner (1834), der Historienmaler Josef Munsch (1838) und andere. In ihren Mauern weilten 1492 — 1493 der gelehrte Humanist Joh. Reuchlin, 1501 der berühmte Wiener Dichter Konrad Celtes, 1614 — 1627 der Astronom Kepler, den die Land ­ stände von Oberösterreich in ihre Dienste genommen hatten, 1812, 1814 und 1815 Beethoven, 1848 — 1868 Adalbert Stifter, 1864 der Dichter Hermann Gilm. Die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten. Vom Bahnhof gelangt inan durch eine Allee zum Städtischen Volksgarten, der 1858 von der Stadtgemeinde erworben wurde und die Denkmäler „Freude am Schönen", ferner des Turn ­ vaters Iahn und des oberösterreichischen Mundartdichters Franz Stelzhammer enthält. An seiner Ostseite nimmt die Land ­ straße, die Hauptverkehrsader von Linz, ihren Anfang und mündet über die Schmidtorstraße in den großen, vormittags dnrch

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