Leopold Werndl und sein Sohn

er Mädchen wie Karoline noch nirgends gesehen und ken« nen gelernt hatte. Josef schaute ihr treuherzig in die Au« gen: „Willst die Werndlin werden?" Ohne viel Um^ stände ging er ins Zeug. Über so großen Freimut ero schrack Karoline. Wie stand es mit ihrem Herzen? War es frei? Sie hatte in den Erbauungsbüchem, die sie von Tanten und Großmüttern zu lesen bekommen hatte, an# dere Dinge von der Liebe gefunden: „Geehrtes Fräulein, ich will mit des Dichters Worten sprechen: Eines Wei» bes Sein ist leer und arm, wenn es nicht sagen kann leis' und warm, alles ihm zuliebe!" Zaghaft müßte die Spra# ehe des Verehrers sein, dachte Karoline, nicht so gerade# aus, wie die Josef Wemdls: „Willst die Wemdlin wer# den?" Außerdem — durfte sie denn, ohne vorher mit Vater und Mutter gesprochen zu haben, antworten? Das Herz in ihrer Brust klopfte heftig. Die Wangen glühten. Solch einen schweren Tag erlebte sie noch nie. Karoline vergaß, ihre Hand aus der Josefs zu lösen. Die Sonne hatte sich unversehens davongemacht. Die Wiese, die Blumen lagen nun in der Bläue des dämmern# den Abends. „Sie sind schon sehr frech, Herr Werndll" Diesen einen befreienden Satz, voll von Verlegenheit, sprach Karoline. Dann lief sie davon, stolperte, fiel in die Knie, senkte ihr Gesicht in die schützenden hochstieligen Blumen und Gräser und weinte in der Wiese berauschen'# dem Duft. Josef war im Nu an Karolinens Seite. ,Aber Herzerl, hab ich dir weh getan? Wo denn? Bin ich schuld? Red doch] Aber Lintscherll Du sollst nicht wei# nen. Denk an deine lieben, schönen Guckerln! Ja, ja, schau dich nur in den Spiegel, ein richtig's alt's Mutter! bist worden, weilst weinst!" Karoline antwortete mit einem halben Lächeln auf den Lippen: „Sagen Sie net Du zu mir, das gehört sich nicht!" Josef lachte zurück und 7 Kernmayr, Werndl nj

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2