Leopold Werndl und sein Sohn

Wo die Wasser der Flüsse Steyr und Enns sich ge< schwisterlich umarmen, zwei große Täler sich treffen, dort liegt die Eisenstadt Steyr. Die Ausläufer der Alpen veiv flachen gegen Westen; gegen Norden drängen sie sich in das liebliche Donautal. Großmächtig reckt sich die Styra« bürg auf steinernem Hügel. Hohe, barocke Häuser zeugen von alter Kultur, stehen gewichtig auf Platz und Straßen. Schmale, gotische Giebeldächer grüßen den W^anderer, der durch die Auen gegen Enns in die Stadt kommt. Die Uhr am Rathaus zeigt seit vielen Jahrhunderten die Stunden. Kirchen mit ihren gottnahen Türmen ragen gegen den Himmel. Eine mittelalterliche Stadt ist Steyr. Nach jeder Nacht kommt ein Tag. Und das ist gut so. Es wäre schlimm, wenn kein Tag mehr käme. Die Wasserhämmer schlugen die lange Nacht hindurch, als auf dem Kalenderblatt der sechsundzwanzigste Februar achfezehnhunderteinunddreißig zu lesen stand. Es war ein son* nenbestrahlter Schneetag. Die Flüsse Enns und Steyr tru» gen an den Ufern dünne Eisränder, knirschten und knackten. Des Meister Leopold WerndPs Lehrbub Xaverius rannte, so schnell er konnte, vom Wieserfeld Nr. 44 in die Wohnung der Geburtshelferin in die Stadt, gleich neben dem Bummerlhaus, und läutete stürmisch an der Ziehglocke. Auf einer ovalen Porzellantafel stand in schwarzer, verschnörkelter Schrift zu lesen: Madame Anna Barometlerin. „Kommen S' g'schwind zur Frau Meisterin. Es ist so weit, hat der Herr Meister g%agt!" — „Madame",

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