Leopold Werndl und sein Sohn

fest: „Schwül ist's heute, ein Gewitter wird kommen. Es wäre gut, wenn's regnen würde. Josef fühlte Mitleid mit dem blassen Bruder. War dieser bleiche Jüngling mit den eingefallenen Wangen sein Bruder? Diese kränklich aus« sehenden Kinder seine Geschwister? Josef schob den Teller zurück, erzählte von dem Gesehenen, von seinen Wanderungen, von seinen Kumpanen, die er getroffen, mit denen er manche Meile gewandert war, vom Spaß« macher Xerxes, vom Studenten Gasparito, von der golde« nen Stadt Prag. In der Erinnerung, beim Erzählen bekam alles Gesehene, Erlebte wunderlichen Glanz. Vergessen schien alle Armseligkeit, die Josef kennen gelernt hatte, vergessen das Heimweh, das ihn nach Steyr zurückzog. Die Lust am Fabulieren überkam Josef. „Es war wunder« schön — —" Mit offenen Mäulern hörten die Geschwi'« ster zu, staunten über alles. Frau Josefa hielt die Hände an ihrem Herzen. Immer wieder mußte sie staunen: „Na so was — und das hast du alles gesehen, gehört und erlebt?" Den Vater Werndl ritt der Teufel. Er war auf seinen Sohn Josef eifersüchtig, weil er jung an Jahren, weil er Wien, Prag und die Landstraße erlebt hatte. Vater Werndl sah die erregten Gesichter, die freudigen Augen seiner Kinder, seiner Frau. Was sollte das? Wollte der Sohn mit seinen Erzählungen sich aufspielen, ihn, den Va« ter, unwichtig machen? Würde der Geselle Josef morgen in den Werkstätten die Arbeiter auf seine Seite ziehen, gegen Vater und Meister aufwiegeln? Leopold Werndl stand vom Tische auf, zog sich den Rock über, schloß das Hemd, wandte sich an Josef? „Mich wundert's nur, daß du so sJhnell wieder nach Hause gekommen bist, wenn alles, was du gesehen hast, so schön warl" Das bedeutete den Fehdehandschuh, den der Vater

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