Leopold Werndl und sein Sohn

heißen Tag gerötet, die Kinder der Größe, dem Alter nach, in sonntäglichem Gewand, saßen um den langen Tisch, eben dabei die Rindsuppe, in der hellbraune, in Fett ausgebackene Teigerbsen schwammen, zu essen. „Grüß Gott, Vaterl Grüß Gott, Mutterl" Josef, ein gut erzöge, nes Kind, beugte den Kopf über die Hand der Eltern und küßte sie. Frau Josefa drückte den heimgekehrten Sohn an die Brust? „Bin schon froh, daß du wieder da bist. Vater Werndl löffelte die Suppe weiter, schickte hin und wieder einen Blick zum großgewordenen, braun gebrann, ten Sohn, der seine Geschwister mit Handschlag begrüßte. Vater Werndl mußte zugeben, daß Josef ein staatlicher Bursche geworden, nichts Kümmerliches an ihm zu be. merken war. Frau Josefa gab der Köchin Mathilde Auftrag, es möchten schnell Teller und Suppe gebracht wer. den. Wenn die Mehlspeise nicht reichen sollte, müßte sie einen Kaiserschmarren richten, mit viel Rosinen darin. Vater Werndl konnte es sich nicht verkneifen, das Gleichnis vom verlorenen Sohn zum Besten zu geben. ,,V^ie war's, wenn wir ein Kalb schlachten ließen, zu Ehren unseres verloren geglaubten Sohnes? Der Spruch war sicher nicht böse gemeint. Er genügte aber, um die alte Widersache aufleben zu lassen. Josef wußte sofort, daß er in kein friedÜches Zuhause gekommen war. Die Ge. schwister standen unter Vaters liebevoller, doch strenger Aufsicht. Sie wußten, Bruder Josef würde nicht lange unter ihnen weilen. Frau Josefas Hände zitterten, als sie die Fleischstücke auf die Teller legte. Josef konnte die Fleischstücke nicht essen, sie blieben ihm im Halse stecken, obwohl er ge. waltigen Hunger hatte. Kein frohes 'Wort kam beim Essen auf. Der Erstgeborene, der Student Leopold, stellte

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