Leopold Werndl und sein Sohn

floh den alt gewordenen verbitterten Klosterschwestem, die, nur um ihr eigenes Seelenheil besorgt, Tag und Nacht beteten, sie entfloh den eisernen und beinernen Strick« und Häkelnadeln, den Bergen vom Wolle und Garn, dem täglichen Einerlei, dem stundenlangen Knien auf den kal« ten Altarstufen. Dreimal bestätigte Vevi vor dem Pfaffen an der Seite des alten Ehegemahls das Wörtchen „Ja", das Wörtchen ihres Einverständnisses. Tagsüber arbeitete sie, kochte, wusch die Wäsche, holte Holz und Lebens« mittel, ließ das Geraunze ihres gestrengen eifersüchtigen Gatten ohne Widerspruch über sich ergehen. Vevis Brüste drängten aus dem Mieder, ihre Wangen glühten voll Sehnsucht, ihre Augen glänzten voll Verlangen. Schneider« meister Ignatius; Schirmbesen wußte mit all der Pracht, die sein junges Weib zu verschenken hatte, nichts anzu« fangen. „Wasch' dich im kaltem Wasser, kratz' dich mit der Wurzelbürste, mach's Fenster weit auf, dann vergehen deine Hitzen!" Ein junger Mann hatte Vevi in einer lauen Frühlings« nacht bei der Hand genommen, war mit ihr übermütig davongelaufen, hatte sie geküßt, mit einer Glut geküßt, die sie nie gekannt. Dieser Jüngling sagte: „Du mußt jetzt rasch nach Hause gehen!" Josef kannte sich genau aus bei den Mädchen, wußte zu unterscheiden die echten und falschen Worte. Vevis Atem stockte, ihr Herz schlug kaum, ihre Lippen stöhnten: „Wenn du mich fortschickst, dann muß ich sterben —" Josef hielt einen tief herunter« hängenden Holimderast fest in seiner Hand, ließ ihn hochschnellen. Was sollte er tun? Sein Leichtsinn, sein übermütiger Sinn, sein heißes Blut hatten einem Menschen« kinde statt Freude, statt Glück — Leid und Trauer ge« bracht. Josef sprach lange mit der kleinen zitternden Frau.

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