Abendluft bedürftig waren. Alle, die zu dieser Stunde an Wemdls Haus vorbeikamen, blieben stehen und be»^ dienten sich ehrlich entrüstet der Peitsche. Ein älterer Ehemann, seines Zeichens ehrsamer MeU ster der Schneider^Innung, hungrig im Aussehen, klapp# rig im Wesen, um die Sechzig herum, verheiratet mit einer jungen siebzehnjährigen Waise, die, der Not ausge# liefert, die Hand des alten Mannes auf Zureden ihrer Verwandtschaft angenommen hatte, schwang auch die Peitsche, züchtigte die üblen Kunden. Aufgeschwellt, mit seiner Tat zufrieden, wollte sich das Meisterlein wieder um sein Weib, um die Vevi kümmern. „Vevi, Vevi", rief er. „Genoveva, Genoveva! Wo bist du, mein Schatzerl, mein Veverl?" Die Diebsgesellen waren Frau Vevi dank# bar, denn die Peitschenhiebe verringerten sich, hörten gänzlich auf, weil die übermütigen Männer, Jünglinge, Buben und Mägdelein anderen Spaß gefunden hatten. Aus vielen Mündern hörte man den Ruf: „Vevi, ja, wck bist du, mein Veverl?" Josef Wemdl war nicht auf der Suche nach Frau Vevi. Er, der Kraftstrotzende, dunkle Barthaare drängten sich an der Oberlippe hervor, hielt Frau Vevi in seinem Arm, schenkte und bekam heiße Küsse. Zwei Augen# paare kreuzten sich im Monidlicht. Josef und Vevi gehörten diese Augen. Verliebte finden immer den rech# ten Platz, mit sich allein zu sein. Ein weit gebuchtetes grünes Holundergebüsch verbarg sie. Die ungetreue Gattin, verliebt, fragte: „Wer bist du?" Josef hielt ihr den Mund zu. „Sollst nicht viel fragen, kleine Frau, sollst deine Zeit nützen —" Frau Vevi schloß die Augen, tat so, als wisse sie von nichts. Sie würde für ihren Gatten ein Märchen ersinnen. Frau Vevi würde sagen, sie habe Angst bekommen, die Hände vor das Gesicht gehalten,.
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