Leopold Werndl und sein Sohn

Stätte Fruhwirth gearbeitet. Der Sonntagnachmittag ge« hörte dem Lehrling Josef Werndl allein. Am Vormittag mußte er mit den Meisterleuten und mit den anderen Lehr« lingen in der Biurgkapelle dem Hochamt beiwohnen. Josef kümmerte sich wenig um den Vorgang am Altar. Ihm im^ ponierten die vielen Uniformen, die feinen Kleider der Damen und Herren, der Aufmarsch der Burggendarmen, von denen jeder fast zwei Meter groß war. Das Taschengeld und das Trinkgeld, das Josef bei sich trug, reichte nicht weit. Er konnte keine großen Sprünge damit machen. Offenen Auges ging er über Straßen imd Plätze, schaute auf die Barock« und Bieder« meierhäuser. Stundenlang stand er im Burghof in der An« nähme, der Kaiser müßte kommen imd ihn fragen, warum er hier herumstehe. Josef glaubte, ein Recht zu haben, den Kaiser zu sehen, ihn zu sprechen, den Kaiser, der die Welt regierte. Für Josef bedeutete Österreich—(Ungarn die ganze Weltl Am ersten Ostertag besuchte ihn die Mutter aus Steyr, brachte ihm geweihtes Osterfleisch, ein großes, goldbraunes Osterbrot, neue Wäsche, Strümpfe und einen in der Steiermark gewobenen Lodenanzug. Weihnachten durfte Josef in sein Elternhaus nach Steyr fahren. Vater Werndl fiel es auf, daß der Junge ein richtiger Naseweis geworden war. „Ob der Herr Vater sich nicht auch eine Maschine in die Werkstätte stellen will? Meister Früh« wirth in Wien hat schon vier Maschinen aus England und Amerika gegen gute österreichische Silbergulden geliefert bekommen." Meister Wemdl schaute von seinem Kaffee« topf, den er mit weißem Brot vollgestopft hatte und darin löffelte, kaum auf. „Bevor'st so g'scheit daherred'st, mußt erst selber was werd'nl" Dem jungen Josef Werndl kam manches in den Werkstätten seines Vaters rückständig

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