Leopold Werndl und sein Sohn

älter geworden, mehr als ein Jahrzehnt. Das Haar durchwoben mit weißen Fäden, der Schritt nicht mehr so kräftig, der Körper gebeugt. In seinen Werkstätten, in denen er nun auch Gewehrteile, sogenannte Armaturen, herstellte, hatte er viele hundert Gehilfen und Lehrlinge beschäftigt. An den k. u. k. privilegierten bürgerlichen Büchsenmacher, der ein bedeutender Meister seines Faches war, Herrn Fruhwirth in Wien, schrieb Meister Leopold Wemdl einen langen Brief, darin er das Ersuchen stellte, ob sein Sohn dort das ehrliche Gewerbe der Büchsen« macher erlernen dürfte. Josef konnte die Antwort aus Wien kaum erwarten. Obwohl das Städtchen Steyr und die Menschen darin ihm die Welt bedeuteten, zählte er die Stunden, die ihn nach Wien führten. Wandern wollte der junge Josef, weit fort wandern. Endlich brachte der Postbote die Antwort aus Wien. Säuberlich stand darin zu lesen, des Meisters Wemdl Sohn solle nach Wien kommen und als Lehrling bei dem Büchsenmacher Früh« wirth eintreten. Auf einem schwarzgelb gestrichenen, von zwei kräftigen Gäulen gezogenen Stellwagen der Ordinari« Post, fuhr Josef über Enns nach Linz an der Donau. In einem kleinen Holzköfferchen, auf beiden Seiten mit Holz« griffen versehen, hatte Mutter Josefs Wäsche, Kleidung, Schuhe zurechtgelegt. Bs war nicht zu viel und nicht zu wenig für einen Lehrling aus bürgerlichem Hause. Ein Anzug für sonntags, zwei Hoisen und Joppen für wochen« tags, für die Werkstätte. Handgewobene Zwillichschürzen sollten die Hosen schützen. Zwischen Bauern, Weibern, Handwerkern und Kauf« leuten eingepfercht, saß der Lehrling Josef Wemdl im Stellwagen. Daß die Welt so groß sei, das hatte der junge nicht geglaubt. Unterwegs wurden die Pferde aus« S Kernmayr, Werndl 33

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