Anschneiden. Im halbdunklen Keller standen große Ton» gefäße voll duftendem "Wein aus dem Straßertal, im Holz» faß schwarzes Bier. In grünen Fünfliterflaschen gluckste weißer Kranabitter und Zwetschkenschnaps für die Man» ner, in kleinen runden Flächen rann träge Nuß» und Bimlikör für die Frauen. Mutter Werndl hatte an diesem Tag ihre Schränke weit geöffnet, reinsten Damast zum Decken der Tische herausgegeben, silberne Messer, Gabeln, Löffel, kostbares Porzellan. Es war ein heißer Tag, fast zu heiß und zu schwül für einen "Vorfrühlings,tag. Die Verwandten und Festgäste schauten ängstlich gegen den Himmel, an dem ein Gewit» ter aufzog. Die Gevatterleute, von der Kirche zurückge» kehrt, waren um ihren Täufling und um Mutter Wemdl sehr besorgt. Dieses Besorgtsein istand ihnen an erster Stelle zu. Ein alter Brauch verlangte, daß die "Wöchnerin^ bevor sie zu Bett ging, von den Gevatterleuten nieder» gesegnet würde. Mit der brennenden "Wachskerze in der Hand schloß man feierlich den Kreis um die Kindes» mutter. Hundertein Stück Eier, fünf Kilo Schmalz und eine lebende schwarze Henne bekam der kleine Josef von den Gevatterleuten als „Vorweiset" geischenkt. Vater Leopold köpfte die schwarze Henne eigenhändig, ehe sie Gelegen» heit fände, im Hause Futter zu finden. Wurde doch sonst der Täufling später ein Dieb, so meinte der Volksglaube. In dieses Tauffest — alles war in guter Laune, ge» hobener Stimmung, es wurde gelacht und gescherzt, die Gesellen und Lehrlinge hatten eis sich in der Werkstatt bequem gemacht, sie bekamen das gleiche Essen wie die Herrenleute — drang der Schreckensruf; „Feuriol Feuriol" Hastende Menschen, zuerst um der Neugierde willen, " dann aber um Hilfsbereitschaft zu zeigen, erzählten, im Ennsdorf sei Feuer ausgebrochen. Ein altes Gesetz in der
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