leute schritten feierlich mit Madame Barometlerin, die den Täufling wie ein Ordenskissen vor sich hertrug, in die Kirche zu Sankt Michael, Steyr Vorstadt, zur Taufe. Die Gesellen, Lehrbuben, die Freunde aus der Nachbaristadt knallten ihre Büchsen los, daß allen Hören und Sehen verging. Mathilde, die Köchin und zwei Weiberleute aus der Nachbarschaft, hatten alle Hände voll zu tun, um das Taufessen fertigzustellen. Ein kräftiger Speisezettel war es. Obenan Istand die Suppe, gekocht von sieben Kilo Tafel« und Kruspelspitz, zwei Kilo von der Rippe und einem Kilo vom Brustkern, all das von einem zweijähri« gen, mit Mais, Gerste, Heu und Grünfutter gemästeten Ochsen. Unter keinen Umständen durfte die Suppe lange aufwallen. Viel Petersilienwurzeln und Kräuter, Sellerie, Zwiebelschalen, Mohrrüben und ein kleines Endchen vom Safranblatt, gesundheitshalber auch eine Zehe Knoblauch, wurde mit dem Fleisch gekocht, es förderte die Verdau« ung und erhöhte den Appetit. Frau Mathilde hatte große Mühe, sich der Schweißperlen auf der Stirne zu erwehren. In einem gewaltigen Steingutweitling vermengte sie die Zutaten zu Leberknödeln: Drei Kilo geschabte Leber vom Kalb und Schwein, zehn in Milch geweichte Semmeln, sechs frische Eier. Zwischen den Handflächen rieb sie trockenen Majoran, dazu Salz, ein Häuptel Zwiebel fein gehackt, etwals zerdrückter Knoblauch, ein bißchen Mus« katnuß, zwei Gewürznelken. Mathilde modellierte den gerührten Brei aus Leber, Semmeln und Gewürzen zu schönen runden Kugeln. Ob sechs Stück von den Knö« dein für jeden Gast genügten? Mathilde wußte, eine Leberknödelsuppe bedeutet eine gute Unterlage für jedes Festessen. Zum unterspickten und mageren, butterweich gekochten Rindfleisch, das beim Essen auf der Zunge zer« rinnen soll, gab es für jeglichen Geschmack verschiedene
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