Leopold Werndl und sein Sohn

Die Neider, die Spötter und Nörgler hockten vor dem "WerndhHaus, Gehäßigkeit in ihren Blicken, Ge« häßigkeit in ihren Stimmen. Es war ein trauriges Schaust spiel, als die Gattin Josef "Werndls in geistiger Umnach# tung in einer gechlossenen Kalesche davongefahren wur« de. Josef stand hinter dem verhängten Fenster, trübsinnig starrte er dem davonrollenden Wagen nach. In seiner Hand wog er das kleine Ringlein mit dem Mohrenkopf und dem Elefantenhaar. Ein Glücksringlein sollte es da# mals sein — Karoline hatte es kein Glück gebracht. Alle Schmähungen und alles Getuschel der ehrsamen Bürger, — er habe seine Frau zum Wahnsinn getrieben, da sei doch die Geschichte mit der Emma Moser — alle versteckten und offenen Anwürfe konnten Josef Werndl im Grunde nichts anhaben. Aufrecht stand er inmitten sei# ner Arbeiterschaft. Es mag wohl kaum eine treuere imd uneigennützigere Lebenskameradin gegeben haben, als Emma Moser. Ihr Leben hatte sie dem einzig Geliebten verschrieben. Jedem Freier und Hochzeiter schlug sie mit freundlichem Worte die Werbung aus dem Sinn. Das Wort, sie sei Werndls Geliebte, machte sie nur schöner und stolzer und hoch# gemuter. Wie vielen Menschen tat sie Gutes — und wie schmählich dankte man es ihrl Karoline W^erndl starb in geistiger Umnachtung. Es blieb ein Trost für alle, die ihr nahe standen, daß der Herrgott ihr eine gnadenvolle Todesstunde gewährte. Alles Leid, was die Kranke gottgewollt hatte tragen müs# sen, verlöschte vor der Majestät des letzten Augenblickes auf dieser Erde. Töchter und Schwiegersöhne bedrängte jetzt nur eine Frage: „Wird das große Vermögen, das der Vater sich

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