Leopold Werndl und sein Sohn

als gewöhnlich Bier und Wein in den Rachen zu schütten, so dachten sie. Ein Tauftag ist ein Fest und an Fest* tagen kann man wanken und trunken zur Erde stürzen, ohne daß die bösen Menschen darüber schlecht sprechen. Dem Meister Leopold Werndl kam nicht der Gedanke, die Taufe seines Josef großmächtig zu feiern. Er gab aber seiner glücklichen Josefa nach, die ihren Verwandten zek gen wollte, welch gesundes Kind sie zur Welt gebracht hatte, in welchem handwerklichen Wohlstand sie lebte. Jedem, der es hören wollte, erzählte die stolze Mutter von den bedeutsamen Worten, die die Zigeunerin dem kleinen Josef zugesprochen hatte. Viele Dinge gingen am Tauftage vor sich, die der kleine Josef in seinem blauen Seidensteckkissen nicht verstand. Die Taufpaten, Gevat* terleute genannt, der Herr God und die Frau Godl, fest* lieh gekleidet, mit der Würde: „Wir sind wer und wir haben was", waren gerne gekommen. Die Aufforderung, den Neugeborenen des Leopold und der Josefa Wemdl aus der Taufe zu heben, bedeutete eine Ehre für sie. Altes gutes Brauchtum wurde eingehalten. Dem kleinen Josef schenkte man ein Geldstück, das, er jedoch nicht behalten durfte. Der Kindesvater gab die Goldmünze so* fort einem Bettler weiter, das sollte bedeuten: Das Gold kommt nur dann inis Haus, wenn es wieder den Armen zufließt. Dann wurde ein buntfarbiger Kalender ins höl* zeme Badeschiff geworfen, damit der kleine Josef mit Klugheit beschlagen würde. Das Badewasser schütteten die Gevattersleute im kleinen Gärtlein an einen Apfel* bäum. Verdorrte im Frühjahr der Baum, so würde dem kleinen Josef kein langes Leben beschert sein. Blühte der Apfelbaum im Frühjahr, dann mochte den Josef ein Greisenalter erwarten. Drei Bröcklein Brot, drei kupferne Kreuzer und drei Falmnudl, sammetweiche Weidenkätz* chen, legte man in Klein^Josefs Windeln. Die Gevatters*

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