Leopold Werndl und sein Sohn

lein: „Fräulein Moser, Sie haben nie daran gedacht, daß es eine Sünde ist, wenn man eine Ehe stört?" Emma Moser hätte Frau Karoline den Rücken kehren, die Türe hinter sich zuschlagen, zu Josef laufen, ihn bitten mögen: „Schütze mich vor deiner Frau!" Sie antwortete nur: „Die Ehe haben Menschen geschaffen. Sind Ge« setze —" Frau Karoline spürte wehe Mutlosigkeit über sich kommen. Einen letzten Versuch noch wagte sie: „Morgen wird Josef Sie verlassen, genau so verlassen, wie er mich verlassen will —" Dieser Speer traf kein Schild. Im weiten Bogen fiel er in ein Nichts. „Josef wird von Allen gehen, wenn er gehen muß. Er ist ein Großer. Für ihn gelten andere Maße." Durch die hohen Fenster drängten Sonnenstrahlen. Das Dunkle am Himmel war fortgeweht. Kein Gewitter brach los. Ohne Übergang wurde es hell. Die Sonne fragt nie, sie kommt, sie strahlt, sie wandert fort. Für alle ist sie da, für die Reichen, für die Armen. — „Liebe Frau Werndl, wenn Ihr Gatte mich fortschickt, ist für mich alles zu Ende", gestand Emma Moser. Ihre Augen hatten sich in Karolines Augen gespiegelt. Sie wußte, der Sieg gehört ihr, weil sie von dem Mann, dem sie als Kamerad zur Seite stand, nichts forderte, sondern nur gab. Emma Moser leitete keine berechnende Überlegung. Alles was ihr zufiel, war Gnade. Mitleid mit Frau Karoline überkam das Mädchen. Ein Satz drängte sich in ihre Gedanken: „Ein Stück Holz angezündet, verbrennt, kann nie mehr Holz werden. Staub bleibt Staub." Karoline, die Frau Josef Werndls vor dem Gesetz, verließ ohne Gruß das Mädchen Emma Moser.

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