Leopold Werndl und sein Sohn

strenger Vater, der Meister Leopold, er warnte seinen Sohn Josef, die Karoline Haindl zu heiraten. „Sie ist älter als du, das tut nicht gut, das rächt sich. Ein gesundes Dirndl vom Land solltest heiraten —" Vater Leopold hatte mit seiner Prophezeiung recht behalten. Die Frau des Mannes mußte jünger sein. Die größte Liebe vergeht, die Jahre lassen Liebesschwüre vergessen. Eines Tages kommt die Stunde, da der Mann die Jugend seiner Frau sucht. Josef Werndl, über vierzig Jahre alt, Herr von vielen tausend Arbeitern, wußte, als er vor Emma Moser stand, daß das Schicksal über ihn gekommen. Er spürte sein Herz höher schlagen, spürte sein Blut sieden, fühlte, diese Frau konnte ihm Offenbarung, Erfüllung seines Lebens wer» den. Die Jugend und das Alter, sie standen beisammen, Hand in Hand. Über den Bergen blaute die Nacht, der Mond drängte sich hervor. Wein von südlichen Donauhügeln in Kristall« gläsern funkelte im Kerzenschein — gleich einem Zauber^^ märchen stand die Erinnerung wie aus anderen Welten auf: Die Zauberin Nina mit ihrem Bären Bombo — der Tag von Josefs Geburt, das Wieserfeld — Josef Werndl mußte viel erzählen von Vergangenem, schon bald Ver« gessenem, von seiner Mutter Josefa, von der Zigeunerin Nina, von ihrer Prophezeiung, er würde ein König sein. Herr und Frau Dr. Kompaß waren glücklich, daß Josef Werndl wieder herzhaft lachte. Josef Werndl und Emma Moser spürten: Einer mußte für den anderen geboren sein, nur für diesen anderen. Die Nacht war von altersher eine gefährliche Kupplerin. Der Mann, der zu jeder Stunde das richtige Wort fand, meinte, er stünde als kleiner Junge vor einem reißenden Wasser, das er nie durchqueren könnte. Über Steyr rauchten die Schlote, Josef Werndls

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