erinnern könnt. Hast du vergessen, daß du dieses Mäd# dien schon geküßt hast?" Josef Werndl wiederholte er# staunt: „Geküßt? Ich hätte diese Dame geküßt?" Er wandte sich an Emma Moser: „Seien S' nicht bös', aber ich weiß wirklich nicht, — nix für ungut für den Kuß, den ich nimmermehr weiß. Ich hol' ihn gleich nachl" Emma Moser spürte das Blut in ihre "Wangen drän# gen, spürte Werndls starken Arm. Die Augen weit offen, so reichte sie ihm die purpurnen Lippen, ließ sich küssen, küßte zurück. Josef küßte Emma Mosers Augen, Stirn, Wangen und Mund. Einen Augenblick lang suchten sich die Blicke des Ehepaares Kompaß. Dann lachten beide laut: ,jNa, na, Ihr benehmt Euch ja, als wenn Ihr Euch schon sehr gut kennen müßtet!" Emma Moser entgegnete schelmisch: „Wir kennen uns schon viele Jahre, Onkel Josef, mein Vater hat mich manches Mal zu Ihnen mitgew nommen. Auf Ihren Armen haben Sie mich oft gehalten, die Wasserräder habe ich schauen dürfen, die neuen Ma« schinen haben S' mir zeigt. Wissen S' noch, unten an der Kettenhuberschleif e ?" „Du bist die Emma Moser? Warst schon immer a liabs Dirndl." Josef Werndl sah die kleine Emma, die immer neugierig mit ihm durch alle Winkel der Ketten«= huberschleife kroch, sich jede Einzelheit erklären ließ. Er erinnerte sich nun auch, daß sie immer an seinen Schnurr« bartspitzen gezupft und gelobt hatte, wenn sie groß ge« worden, ihn zu heiraten. Abends, wenn die Kleine nach Hause fahren sollte, gab es stets ein wildes Geschrei. Das Mädchen wollte so gerne bei Onkel Josef bleiben. Nun war Emma Moser an die zwanzig Jahre alt. Wie die Zeit vergeht, überlegte Josef. Er war nicht jün« ger geworden; noch waren seine Haare dunkel. Das Mäd« chen vor ihm verkörperte die Jugend, ehrlich die Jugend. Josefs Augen sahen ein längst verblaßtes Bild: Sein ge«
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