Leopold Werndl und sein Sohn

len, ließ die Blätter leise erzittern. Die Sonne war unter« gegangen. Dunst lag über allem Geblüh. Ein heißer Tag neigte sich zu Ende. Schmerzhaft jaulte ein Hund. Josef Werndl fühlte; ein verzauberter Abend. Sein Freund Dr. Kompaß hatte eine Beratung angesetzt, die dem Wohle der geliebten Stadt Steyr galt. Eine .Karaffe Wein, mit Mineralwasser gemischt, stillte den Durst. Die Hausfrau, im grauen Kleid, ein Lächeln auf den Lippen, den Schelm in den Augen, führte am Arm ein Mädchen in der Tracht des Landes, mit goldgestickter Haube auf dem Kopf, langem, schwarzem Taftkleid, die Tochter des Baders von Klaus, Emma Moser. Der mäch« tige Josef Werndl vergaß, das Glas auszutrinken, das er eben ansetzte, er stellte es auf den Tisch. „Ja, wer ist denn das?" Werndl erinnerte sich, daß er die Frau des Hauses noch nicht begrüßt hatte, er drückte ihr herzhaft die Hand: „Ich freue mich immer, wenn ich bei Euch sein darf." Josef Werndl konnte seine Augen nicht von dem jungen Mädchen lassen. Die Hausfrau machte Emma Aioser bekannt. Schlank stand sie im Raum, nicht zu groß, schmal in den Hüften, das Gesicht klassisch ge« schnitten, die Augen dunkel, das Haar braun, die Nase leicht gebogen. Jung, kraftvoll und schön schaute sie aus, die Emma Moser von Klaus. „Josef", Frau Kompaß riß Werndl aus seiner Verzückung, „hast nix dagegen, eine alte Bekannte von dir bleibt bei uns auf Besuch." Tief beugte das Mädchen ihr Knie, wie sie es bei den Ursuli« nerinnen in Liniz gelernt hatte. Ihre Augen hingen an dem Mann, dem sie schon als kleines Kind gelobte, ihn zu lie« ben. Josef Werndl wußte nicht, woher er Emma Moser kennen sollte. Die Hausfrau, übermütig, Grübchen zeig« ten sich auf ihren Wangen, wenn sie lachte, sprach: „Da sieht man's wieder bei euch Männern! Ihr habt so viele Verehrerinnen, daß Ihr Euch nicht mehr an eine einzelne

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