Frau Karoline Werndl wurde nicht bedauert. Frauen bilden nie eine geschlossene Gemeinschaft, sind selten einverstanden, wenn eine von ihnen ihr Glück gefunden hat. Für Karoline Werndl bestand keine Aussicht, bemit* leidet zu werden, obwohl sie diesen Zustand erreichen wollte. Josef Werndl mochte auftauchen, wo er wollte, er siegte, war Held und Mittelpunkt. Keiner hatte ein solch zielsicheres Auge beim Gewehreinschießen oder auf der Jagd, wie er. Josef Werndl schoß Gemsen, Hirsche und Rehe, war ein waidgerechter Jäger. Viel Kraft, viel Ausdauer holte er sich bei seinen tagelangen Pirschgän^ gen. Niemand vermutete in dem schlichtgekleideten Manne den Gewehrkönig von Österreich. Die Tage auf seiner Jagdhütte in den "Wäldern lun Steyr gehörten ihm allein. Was sollte mit den WemdhWerken geschehen? Oft befielen Josef solche Überlegungen. Sein Sohn war kein Diener am Eisen. Bedeutete es Gottes Strafe, daß er sei« ber vor vielen Jahren seinem Vater die Folgsamkeit vers sagte? Mußte es immer so sein, daß des Vaters und des Sohnes Meinung hart gegeneinander standen? Mutter Josefa war schneeweiß geworden, ihre HaU tung aber blieb jung und aufrecht, als hätte sie keinen vierzigjährigen Sohn, keine weiteren Kinder, nie die Sor« gen ihrer Familie, getragen. Enkelkinder, Buben und Mä« del, bevölkerten die lichten Stuben, den kleinen Garten hinter dem Hause. Bei Großmutter Werndl gab es stets für die Kleinen und Allerkleinsten viel Verlockendes zu essen, verlockender als bei den Eltern. Fremdes Brot schmeckt bekanntlich immer besser als das eigene. Mathilde, der bejahrten Köchin, oblag noch immer die Oberaufsicht über die Speisekammer, über die Küche, die guten Stuben und zwei Dienstboten. Ihre Hände konn« ten nicht ruhig im Schoß liegen. Für die WerndhEnkeb
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