fragten, gab sie zur Antwort: „Fragt Euren Vater, warum ich weinen muß." Josef Werndl wußte nun, daß er keinen Erben für sein Werk hatte. Er, der Herr von Steyr, fühlte seine FIü» gel lahm werden. Für wen sollte er sein Werk und Steyr groß machen? Für den Bruchteil einer Sekunde fand die« ser Gedanke Nahrung, nicht länger. Der Einzelne ist nichts, das Volk alles. Nicht für seine Erben arbeitete Josef Werndl, sondern für seine Arbeiter, für die Stadt Steyr, für das .Land Oberösterreich, für alle, die aus seiner Arbeit Nutzen und Freude zogen. Schwer legte sich Josef Wernlds Hand auf die schma« len Schultern des Erstgeborenen. „Werde ein guter Offi« zier!" Der Sohn beugte sich tief über die Hand seines Vaters und küßte sie. Er hatte einen Kampf mit dem Va« ter gefürchtet. Die Mutter hatte seinen Wunsch bekräf« tigt. „Wir können es uns leisten, daß du Offizier wirst." Der Sohn legte nun seine schmale Hand in Vaters große: „Ich verspreche, ich werde dir keine Schande machen!" Josef Wemdl hört die Stimme seines Vaters Leopold: „Vergiß nie, daß du ein Werndl bist!" Vater und Sohn wußten von dieser Stunde an: Jeder muß sein Schicksal allein tragen. An seine Töchter Mimi, Lintscherl und An« nerl dachte Josef. Mädchen mit Vermögen würden sie einmal sein, Bewerber sich genügend einstellen. In der weiten Monarchie hatte der Name Werndl einen guten Klang. Jeder wußte, daß das Hinterladergewehr Werndl viel Geld brachte. Werndl war ein reicher Mann, durch eigene Arbeit wohlhabend geworden. Er blieb der Sach« Walter des väterlichen Erbes, der Schöpfer des besten österreichischen Gewehrs. Er konnte es sich erlauben, sei« nen einzigen Sohn, den er sehr liebte, dem Kaiser zu geben, ihn in ein feudales, kostspieliges Dragoner«Regiment ein« zureihen.
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